Auch ein Verstoß gegen die Weiterbildungspflicht kann einen groben Behandlungsfehler darstellen
Für einen Arzt besteht Weiterbildungspflicht. Darunter fallen auch wissenschaftliche Kenntnisse, die in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden. Sollten diese Kenntnisse bei einer Behandlung nicht berücksichtigt werden, kann dies zu einem groben Behandlungsfehler führen und damit einen Schmerzensgeldanspruch des Patienten begründen.
Eine 46jährige Patientin musste sich in einem Verfahren des Oberlandesgericht Koblenz (Urteil vom 20.06.2012, 5 U 1450/11) einem gynäkologischen Eingriff unterziehen.
Vor dem Eingriff gab sie an, dass sie unter einer Unverträglichkeit von Narkosemitteln leidet. Nach der Operation litt die Patientin 3 Tage an heftigen Folgen der Narkose wie z. B. schwere Übelkeit und Erbrechen.
Die Patientin klagte gegen das Krankenhaus und den operierenden Arzt wegen der Unverträglichkeit gegen Narkosemittel und anderen Operationsfolgen.
Zunächst wies das das Landgericht Mainz die Klage ab, die Patientin legte dagegen Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied, dass weder ein Aufklärungsfehler noch ein Behandlungsfehler bei der vorgenommenen Operation vorliegen. Deshalb wurde die Klage gegen den operierenden Arzt teilweise fallen gelassen.
Jedoch entschied das Oberlandesgericht Koblenz, dass die Narkose durch die Anästhesie nicht mit der notwendigen Sorgfalt durchgeführt wurde. Bereits 2004 wurde in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, dass es wissenschaftliche Kenntnisse gibt über ein Medikament, das die Beschwerden, wie sie bei der Patientin vorlagen bei der der Durchführung einer Narkose, lindere.
Die Operation wurde im darauffolgenden Jahr durchgeführt – ein Zeitraum, in dem sich der behandelnde Anästhesist hätte fortbilden können. Somit wertete das Oberlandesgericht Koblenz das Vorgehen des Anästhesisten als schweren Behandlungsfehler, da das Krankenhaus nicht nachweisen konnte, dass dieses Medikament nach Verabreichung die Folgen der Operation nicht linderte.
Das Krankenhaus musste daher ein Schmerzensgeld und Schadensersatz an die Patientin leisten.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr RA Michael Graf
ANWALTGRAF, Freiburg
Hinweis: Bei dem hier vorgestellten Fall handelt es sich u.U. um einen realen Fall aus unserer Kanzlei. Es werden bei solchen dann aber die Namen aller Beteiligten, sowie die Datumsangaben, die Zahlen und die sonstigen genannten Beträge abgeändert und/oder abgekürzt, um den Fall dadurch zu anonymisieren. |