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Blog: Zu den Rechten des Kunden gegen seine Berufsunfaehigkeitsversicherung

Sittenwidriger Vergleich bzw. Vertrag zu Lasten des Kunden mit der Versicherung nach Eintritt der Berufsunfähigkeit

Nicht selten versuchen sich Berufsunfähigkeitsversicherungen ihrer vollständigen Leistungspflicht dadurch zu entziehen, indem dem Kunden bzw. Versicherungsnehmer nach Eintritt der Berufsunfähigkeit (=Versicherungsfall) sogenannte Vergleiche, Abwicklungsverträge oder befristete Berufsunfähigkeitsregelungen oder Formulare "untergeschoben" werden.

 

Oftmals möchte die Berufsunfähigkeitsversicherung nämlich verhindern, ein Anerkenntnis nach § 173 VVG abgeben zu müssen, denn durch ein Anerkenntnis verschiebt sich die Beweislast zum Nachteil der Versicherung und der Kunde wird dadurch rechtlich besser gestellt. Denn nach einem Anerkenntnis kann die Versicherung nur noch im Wege des Nachprüfungsverfahrens die Leistung nachträglich einstellen. Im Nachprüfungsverfahren trägt jedoch die Versicherung die volle Beweislast.

 

Lesen Sie hier, wie unsere Kanzlei gegen ein solches unwirksames Formular bzw. einen solchen unwirksamen Vergleich vorgeht:

 

"Muster Lebensversicherung a.G.

Service-Center Privatkunden

Musterstr. 2

61000 Musterstadt

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

bezugnehmend auf das Schreiben Ihrer Gesellschaft vom 05.06.2015 erwidern wir wie folgt:

 

Nach Prüfung der Unterlagen und nach Rücksprache mit unseren ärztlichen Beratern ist festzustellen, dass hier von Anfang an, d.h. seit 05.03.2003, eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit seitens unserer Mandantin vorlag.

 

Einleitend stellen wir klar, dass eine gesetzlich festgestellte sog. volle Erwerbsunfähigkeit deutlich höhere gesundheitliche Einbußen voraussetzt, als eine bloss privat versicherte (mind. 50%ige) Berufsunfähigkeit. Da unsere Mandantin hier schon seit Jahren schwer krank und deswegen (quasi) unbefristet als voll (!) erwerbsunfähig bestandskräftig verbeschieden ist, liegt hier die im Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 8611d143 bedingungsgemäß vereinbarte Berufsunfähigkeit „auf der Hand“ (d.h. einschlägig ist § 2 Abs. 1 und Abs. 3 Ihrer Bedingungen für die BUZ (mp 1010-10.98 - Stand Oktober 1998).

 

Vorliegend machte unsere Mandantin zu Recht ihre Regressansprüche gegen Ihre Gesellschaft mit Schreiben vom 13.04.2015 geltend, da Sie hierauf nicht adäquat reagierten ist nunmehr anwaltliche Durchsetzung geboten.

 

A. Sachverhalt 

 

Unsere Mandantin unterhält mit Wirkung ab 01.12.1999 bei Ihnen einen BUZ-Versicherung mit der Versicherungsnummer 8611d143. Das Ende der Versicherungsdauer, d.h. Ablaufdatum, ist der 01.12.2029. Für die bare Rente wurde ein Rentenzuwachs, für die Beitragsbefreiung eine verzinsliche Ansammlung vereinbart. Maßgeblich ist desweiteren Ihr AGB-Klauselwerk „Bedingungen für die BUZ (mp 1010-10.98 - Stand Oktober 1998)“.

 

Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

 

Im Verfahren der Dt. Rentenversicherung wurde unsere Mandantin mit Wirkung ab 09.03.2003 als voll erwerbsgemindert eingestuft.

 

Bereits in der fachärztlichen Bescheinigung des Hr. Dr. med. G. F. E., Facharzt f. Psychotherapeutische Medizin Neurologie und Psychiatrie, vom 03.04.2004 heißt es:

 

„…nach wie vor besteht eine ausgeprägte Schmerzempfindung im Bereich des rechten Handgelenks, aufsteigend in den rechten Arm bis auf den Rücken in die Schulterblattgegend, zudem innere Unruhe, reaktiv-depressive Verstimmung. Die Symptomatik in der rechten Hand ist so ausgeprägt, dass sie in diesem Zustand für die Pat. funktionsunfähig ist. Sie kann also auch keine Erwerbstätigkeit ausüben, schon gar nicht als Sekretärin, aber auch für alle anderen denkbaren Tätigkeiten dürfte der Gebrauch der rechten Hand unerlässlich sein. (…) Die Entscheidung, der Pat. keine Rente auf Zeit wegen Erwerbsunfähigkeit gewähren zu wollen, ist daher nicht nachvollziehbar.“

 

Auch der Entlassungsbericht der Reha Kliniken K. Konstanz vom 02.05.2004 weist eindeutig auf eine Erwerbsunfähigkeit hin (vgl. Batt 37 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Ebenso der Bericht des Hr. Dr. Klaus L. vom 22.10.2004 und der Bericht des Hr. Dr. med. Georg F. E. vom 15.11.2004 sprechen insoweit eine deutliche Sprache (vgl. Batt 56 ff. und 68ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Auch der Antrag des VdK vom 22.02.2005 mitsamt der fachärztlichen Bescheinigung des Hr. Dr. E. vom 03.04.2005 bestätigt eine solche Erwerbsunfähigkeit (vgl. Batt 91 ff. und 101 von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Folgerichtig bestätigt das Gutachten des Hr. Dr. I. vom 15.05.2005 eine (befristete) Berufs- und Erwerbsunfähigkeit der Mandantin (vgl. Batt 103 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung) und mit Rentenbescheid vom 09.08.2005 wurde eine befristete volle Erwerbsunfähigkeit ab 01.07.2004 bis 30.11.2005 ausgesprochen.

Mit Schreiben der Barmer KV vom 23.08.2005 wird festgestellt, dass Arbeitsunfähigkeit durchgängig bereits seit dem 05.03.2003 bestand (vgl. Batt 153 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Im „Ärztlichen Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung“ vom 10.08.2005 von Herrn Dr. G., d.h. ca. vier Monate vor Übersendung des Formulars Ihrer Gesellschaft vom 18.12.2006, wurde folgendes Krankheitsbild festgestellt (vgl. Batt 227 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung):

 

„Fr R. klagt vor allem über anhaltende Schmerzen im Operationsgebiet am distalen radialen Unterarm rechts. Weiterhin über allodynieartigen Schmerz an der Haut in diesem Bereich. Bei Handextension und Drehung treten einschiessende Schmerzen auf und breiten sich proximal dem Verlauf der N. radialis entsprechend. Frau R. kann nichts im Haushalt machen, nachts kann sie wegen Schmerzen nicht schlafen, wenn sie voller Müdigkeit doch einschläft, wacht sie bei geringster Bewegung des Armes wieder auf. Sie wurde depressiv. Nach mehreren fehlerhaften Entscheidungen der Ärzte, die Ihre Schmerzen nicht nach den Ursachen untersucht haben (Beinvenen Thrombose, Bandscheibenvorfall, nach Synkopen offenes Foramen ovale festgestellt in der Klinik.) [ist sie] sehr verunsichert, Angst auch wegen bevorstehender Probebiopsie der Brust.

(…) 

Im Bereich der rechten Hand globale Kraftminderung (schmerzbedingt sind die Funktionsprüfungen nur unzureichend  durchführbar.).

Beeinträchtigte Feinmotorik der rechten Hand…. 

(…) Frau R ist sichtlich depressiv verstimmt, verängstigt und zunächst auch im Gespräch unsicher. Sie fühlt sich den ganzen Tag müde und nachts kann sie wegen der Schmerzen nicht schlafen. Die Partnerschaft leidet. Sie hat Angst davor wie alles weiter geht.

(…) 

In Folge der erheblichen Beeinträchtigung entwickelte Frau R. ein inzwischen chronifiziertes depressives Syndrom. Es ist davon auszugehen, dass eine Besserung der Schmerzen nach fachgerechter Pharakotherapie eintreten wird, so dass nach Ablauf von 2 Jahren eine erneute Beurteilung des Falles sinnvoll ist, anbetracht des jungen Alters der Versicherten. (…) Derzeit besteht eine Arbeitsunfähigkeit unter 3 Stunden für den ausgeübten Beruf, und unter 3 Stunden auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.“

 

Bis zur Unterzeichnung des Formulars Ihrer Gesellschaft vom 18.12.2006 durch unsere Partei wurde das Krankheitsbild unstreitig nicht besser, es lag damals auf der Hand, dass die Berufsunfähigkeit eine „dauerhafte“ iSd § 172 VVG gewesen ist; dies ging aus der Akte und aus den zahlreichen weiteren Berichten, Gutachten bzw. Befunden hervor.

 

Dass sich das Krankheitsbild unserer Mandantin nach Unterzeichnung Ihres Formulars am 18.12.2006 sogar noch verschlechterte (was damals natürlich auch für Ihre Gesellschaft vorhersehbar gewesen ist!), zeigt auch folgender „Ärztlicher Befundbericht zum Rentenantrag bei der Rentenversicherung bzw. zur Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung“ vom 28.10.2009 (vgl. Batt 267 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung):

 

„Unverändert anhaltende Schmerzempfindung im Bereich der rechten Hand und des gesamten oberen rechten Quadranten, Berührungsschmerz, Bewegungsschmerz mit langanhaltendem Nachschmerz, ausgeprägte Schonhaltung wie bei Lähmung des rechten Armes. Brennendes Gefühl, außerdem Schmerzen im rechten Oberschenkel unklarer Ursache. Phobische Reaktionen auf Personen und die Nähe der Gebäude ihres vorherigen Arbeitsplatzes nach traumatisch erlebter klassischer Mobbing-Situation. Anhaltend schwere Schlafstörungen. Anhaltender Rückzug aus sozialen Situationen, Mischung aus Ängstlichkeit und Reizbarkeit, negative Erwartungshaltung durch die Schonhaltung des rechten Armes. (…) Keine Befundänderung in den letzten 12 Monate; (…) Keine Besserung der Leistungsfähigkeit möglich.“

 

Aufgrund der zahlreichen ärztl. Berichte und der Krankheitsentwicklung ist eine echte (nunmehr endgültig als dauerhaft zu bewertende) Verschlechterung des Krankheitsbildes unserer Mandantin klar erkennbar gewesen.  

 

Insbesondere auch der weitere Befund des Dr. E. vom 15.05.2013 bestätigt, dass sich der Zustand und die Prognose verschlechtert, insbesondere auch weil nunmehr ein sich für immer manifestierender Dauerschaden (zusätzlich nunmehr verhaltenstherapeutische Traumatherapie nötig etc.!) vorliegt; zudem wird auch bestätigt: „Keine Besserung der Leistungsfähigkeit möglich.“ (vgl. Batt 79 ff. von Band 2 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Aus diesem Grunde wurde unserer Mandantin sodann mit Rentenbescheid vom 10.06.2013 eine quasi unbefristete (d.h. bis 31.08.2036!!!) Erwerbsunfähigkeit verbeschieden.

 

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass auch Ihre Privatgutachten

vom 03.03.2004 (seitens Prof. Dr. D),

vom 26.07.2004 (seitens Prof. Dr. D),

letztlich von einer Berufsunfähigkeit ausgingen.

 

B. Bewertung

 

1)

Schon aus „Ihren“ Gutachten des Herrn Professor Dr. Dr. K.-F. D aus dem Jahr 2005 geht hervor, dass unsere Mandantin seit dem 05.03.2003 an der Ausführung ihres Berufes zu 80% gehindert war. 

 

Der Zustand unserer Mandantin wurde über Jahre hinweg behandelt. Psychotherapien hatten leider keine großen Erfolge verbuchen können.

 

Schon im Jahr 2005 bestätigte Herr Dr. I., dass die Leistungsfähigkeit unserer Partei auf unter drei Stunden gesunken war. Eine Besserung ihres Zustandes ist schon seit dem Jahr 2005 nicht erkennbar. Des Weiteren nimmt unsere Mandantin seit mehreren Jahren Schmerzmedikamente. Unter anderem wird auch das Medikament Tilidin eingenommen, was als durchaus starkes Schmerzmittel bezeichnet werden muss.

 

Wir möchten an dieser Stelle auf weitere genauen Schmerzangaben verzichten, da dies den Rahmen sprengen würde. 

 

Fest steht: 

Unsere Mandantin leidet seit dem Jahr 2004 derart unter ihrer Krankheit, dass eine Berufsunfähigkeit die Folge gewesen ist. Die damaligen Therapievorschläge haben zu keiner Besserung geführt. 

 

Bemerken wollen wir an dieser Stelle, dass wir es „sehr bedenklich“ finden, dass Ihre rechtskundige Versicherungsgesellschaft unserer Mandantin (als Verbraucherin) das vorliegende (für die Verbraucherin rechtlich nachteilhafte) Formular vom 18.12.2006 unterzeichnen liess, obwohl schon damals eindeutig eine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorlag, erkennbar und nach-gewiesen gewesen ist.

 

Ihre Gesellschaft hätte hier eigentlich nach § 173 VVG iVm § 5 Ihrer Bedingungen für die BUZ (mp 1010-10.98 - Stand Oktober 1998) den Versicherungsfall anerkennen und die geschuldeten Leistungen erbringen müssen.

 

2)

Aufgrund der vorliegenden Angaben, der ärztlichen Berichte, Gutachten und Befunde wusste Ihre Gesellschaft um den ernsten Gesundheitszustand und um die Berufsunfähigkeit unserer Mandantin, gleichwohl wurde unserer Mandantin das streitgegenständliche Formular zur Unterschrift vorgelegt.

 

Ihre Gesellschaft hatte dahingehend am 04.12.2005 und am 30.10.2005 jeweils ein Schreiben an die  Deutsche Rentenversicherung versendet, um sich über den weiteren Gesundheitszustand zu informieren. 

 

Aufgrund des Verhaltens Ihrer Gesellschaft verweisen wir in rechtlicher Hinsicht auf die hierzu gültige Rechtsprechung des BGH:

 

„Zu einseitigen Erklärungen des Versicherers über seine Leistungspflicht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine vertragswidrige Befristung oder sonstige Beschränkung des Leistungsanerkenntnisses unwirksam ist (Urteile vom 12. 6. 1996 – IV ZR 106/95 – VersR 1996, 958 unter 2 a und BGHZ 121, 284 [290] = VersR 1993, 562 [563 f.]; jeweils m. w. N.). 

Der Bestandsschutz, der dem VN durch das in § 7 BB-BUZ geregelte Nachprüfungsverfahren eingeräumt wird, darf nicht unterlaufen werden. 

Eine befristete Leistungszusage, die sich für den VN eindeutig erkennbar lediglich als Kulanzentscheidung darstellt, ist allerdings kein Anerkenntnis, das den Versicherer über den zugesagten Zeitraum hinaus bindet mit der Folge, dass er eine Leistungseinstellung nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BB-BUZ erreichen kann (vgl. Senat vom 28. 9. 1994 – IV ZR 226/93 – NJW-RR 1995, 20 unter 3).

(…) Darüber hinaus ist der Versicherer wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Berufsunfähigkeitsrente hat für diesen häufig existentielle Bedeutung. 

Die dem Versicherer geläufige Regelung der §§ 5-7 BB-BUZ über die Erklärung eines Leistungsanerkenntnisses, dessen Reichweite und das Nachprüfungs- verfahren ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar. Deshalb setzt eine beiderseits interessengerechte Vereinbarung über die Leistungspflicht ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner voraus, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen (vgl. insoweit zum Nachprüfungsverfahren BGHZ aaO 294)“,

 

vgl.

BGH, Urteil vom 12. 11. 2003 (IV ZR 173/02, Hamm)

 

Ihre Gesellschaft war hier wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, ihre überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil unserer Partei  auszunutzen. Klar ist, dass das von Ihnen verwendete Formular vom 18.12.2006 die rechtliche Situation unserer Partei verschlechterte. Insbesondere wurde dadurch der Bestandsschutz, der dem VN durch das geregelte Nachprüfungsverfahren eingeräumt wird, unterlaufen. Auch wurde in Ziffer 3 nunmehr eine neue Anspruchsvoraussetzung geschaffen, nämlich eine „nachweisliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes“.

Auch folgende Fundstelle in Prölss/Martin ist bzgl. Ihres Formulars vom 18.12.2006 einschlägig:

 

„Deshalb setzt eine beiderseits interessengerechte Vereinbarung über die Leistungspflicht ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner voraus, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen (BGH VersR 2004, 96, VersR 2007, 777; Koblenz VersR 2012, 85).“

 

Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz: VVG, 

29. Auflage 2015, Rn. 16ff.

 

Auch bei wohlwollendster Auslegung des Verhaltens Ihrer Gesellschaft bzgl. des Formular vom 18.12.2006 kommt man nicht zu dem Ergebnis, dass hier ein „lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken Ihrer Gesellschaft vorliegt, dass auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen“.

 

Prölss/Martin kommentiert hierzu:

 

„Ein starkes Indiz für einen Verstoß gegen Treu und Glauben ist regelmäßig anzunehmen, wenn die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage durch die Vereinbarung zum Nachteil des VN geändert und seine Rechtsposition dadurch ins Gewicht fallend verschlechtert wird. 

Der VR handelt u. a. dann objektiv treuwidrig, wenn er bei nahe liegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft. Vereinbarungen, die derartige Nachteile für den VN zur Folge haben, sind ohne Rechtsmissbrauch nur in engen Grenzen möglich.“

 

Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz: VVG, 

29. Auflage 2015, Rn. 16ff.

 

Wie schon dargelegt, wurde durch das von Ihnen verwendete Formular vom 18.12.2006 die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage zum Nachteil unserer Partei geändert und ihre Rechtsposition dadurch ins Gewicht fallend verschlechtert wird, vor allem weil bei nahe liegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung der Leistungspflicht durch das Formular „eingefroren wurde“ und dadurch das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterlaufen wurde.

3)

Wir sind der Auffassung, dass das Formular vom 18.12.2006 (in Form Ihres verwendeten Musterformulars) rechtswidrig ist, und unserer Mandantin dadurch nun ein Regressanspruch gegen Ihre Gesellschaft auf Erbringung der vollen versicherten Leistungen ab 05.03.2003 (= Beginn der Arbeitsunfähigkeit, vgl. § 1 Absatz 3 Ihrer BUZ-Bedingungen) bis heute und künftig zusteht.

 

Denn Ihr Verhalten bei Abschluss des von Ihnen verwendete Formulars mit Unterschrift vom 18.12.2006 war gem. o.g. Grundsätze des BGH pflichtwidrig iSd § 280, 241 II BGB. Jedenfalls verstößt das Formular gegen § 307 BGB und gegen § 138 BGB. Vorsorglich fechten wir die Erklärung unserer Mandantschaft vom 18.12.2006 hiermit an. 

 

Selbst wenn das Formular mit Unterschrift vom 18.12.2006 rechtswirksam wäre (was es nicht ist), so bestünde jedenfalls ein Anspruch aus Ziffer 3 des Formulars. Gemäß Anspruchsgrundlage Ziffer 3. des Formulars vom 18.12.2006 gilt:

 

„Ansprüche auf volle Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung können nur dann erhoben werden, wenn eine nachweisliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt und Berufsunfähigkeit von mindestens 50% im Sinne der Bedingungen nachgewiesen wird.“

 

Die genannten Tatbestandsmerkmale liegen hier vor, vgl. den Ärztlicher Befundbericht zum Rentenantrag bei der Rentenversicherung bzw. zur Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung“ vom 28.10.2009 (vgl. Batt 267 ff. von Band 1 der Akte der Dt. Rentenversicherung) und vgl. den Befund des Dr. E. vom 15.05.2013 (vgl. Batt 79 ff. von Band 2 der Akte der Dt. Rentenversicherung).

 

Wie man den Fall „dreht und wendet“, Ihre Gesellschaft schuldet hier im Wege des Schadensersatzes bzw. aus Vertrag die volle Leistung seit 01.04.2005.

 

4)

Ihre Behauptung im Schreiben vom 05.06.2015 dahingehend, dass das Schreiben unserer Partei vom 13.04.2015 lediglich eine Neuanmeldung eines neuen Versicherungsfalls darstellen würde, ist unzutreffend. Der Inhalt des Schreibens ist zweifelsohne als Regressforderung auszulegen, § 133, 157 BGB. Spätestens seit dem 28.04.2015 befinden Sie sich demgemäß im Verzug.

 

C. Unwirksamkeit Ihrer Mitwirkungsobliegenheiten

 

Vorliegend wurde der BUZ-Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 8611d143 nicht ordnungsgemäß auf neues VVG umgestellt, da Ihr Haus -wie vorliegend- von der Möglichkeit der Vertragsanpassung gemäß Art. 1 Abs. 3 EGVVG ggü. unserer Partei keinen Gebrauch gemacht hat. Jede Sanktionsregelung bei Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten ist damit unwirksam.

„Eine unterbliebene Anpassung von AVB an das WG 2008 gemäß Art. 1 III EGVVG führt zur Unwirksamkeit der Regelungen über die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten.“

vgl. BGH 12.10.11, IV ZR 199/10

 

D. Forderung

 

Hiermit fordern wir Sie auf, die unter Punkt B.3. dargelegten Ansprüche 

 

bis zum 25.09.2015 

 

zu erfüllen. Aufgrund der klaren Sach- und Rechtslage sehen wir keine Notwendigkeit von weiteren die Sache verzögernden Ermittlungen Ihrerseits. Ihnen liegen alle zur Beurteilung nötigen Informationen vor. 

 

Mit freundlichen Grüßen ..."

 

 

Es grüßt Sie herzlich

Ihr RA Michael Graf

ANWALTGRAF, Freiburg


Hinweis: Bei dem hier vorgestellten Fall handelt es sich u.U. um einen realen Fall, ggf. sogar aus unserer Kanzlei. Es werden bei solchen dann aber die Namen aller Beteiligten, sowie die Datumsangaben, die Zahlen und die sonstigen genannten Beträge abgeändert und/oder abgekürzt, um den Fall dadurch zu anonymisieren.

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Gabriela Johannes - Experte für Arzthaftung, Behandlungsfehler, Unfallversicherung und Berufsunfähigkeit in Freiburg, Karlsruhe und Offenburg.