In der Regel liegen dem Versicherungsvertrag mit einer Unfallversicherung deren allgemeine Unfallversicherungsbedingungen zu Grunde. In diesen „AGB“ sind unter anderem Regelungen enthalten, die bestimmen, wann der Versicherungsnehmer die Unfallversicherung kündigen kann.
Diese Regelungen waren Bestandteil eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof. Die Parteien stritten darum, ab welchem Zeitpunkt die Versicherung aufgrund der Kündigung durch die Versicherung nicht mehr bestand. Problematisch war vor allem der Beginn der Kündigungsfrist, da die Versicherung mehrere Leistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erbrachte.
Der Kläger war Versicherungsnehmer bei der Beklagten. Mitversichert war seine Ehefrau, die zwei Unfälle im Abstand von knapp fünf Monaten erlitt. Die Beklagte verweigerte die Erstattung des Krankenhaustagegelds sowie der Invaliditätsentschädigung für den zweiten Unfall. Dabei berief sie sich darauf, das Versicherungsverhältnis habe aufgrund der ausgesprochenen Kündigung zum Unfallzeitpunkt bereits keinen Bestand mehr gehabt.
Die Vorinstanzen (LG Stande und OLG Celle) entschieden den Fall unterschiedlich. Der Bundesgerichtshof stellte 2010 endgültig fest: Entgegen den Ausführungen im Revisionsverfahren, bestand der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des zweiten Unfalls noch.
Entscheidend sei, dass die einmonatige Kündigungsfrist zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits abgelaufen war. Damit sei die Kündigung verfristet.
Regelmäßig lautet die Kündigungsklausel in den Versicherungsbedingungen wie folgt:
„Kündigung nach Versicherungsfall. Den Vertrag können Sie oder wir durch Kündigung beenden, wenn wir eine Leistung erbracht oder Sie gegen uns Klage auf Leistung erhoben haben. Die Kündigung muss Ihnen oder uns spätestens einen Monat nach Leistung oder – im Falle eines Rechtsstreits – nach Klagerücknahme, Anerkenntnis, Vergleich oder Rechtskraft des Urteils zugegangen sein.“
Nach diesen im Fall einschlägigen Standard-Versicherungsbedingungen beginnt die Kündigungsfrist zum Zeitpunkt der Leistung oder der Klage auf Leistung. Umstritten ist, wie sich die Kündigungsfrist berechnet. Abweichend vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen wird teilweise vertreten, dass jede Leistung der Versicherung das Kündigungsrecht neu begründe und damit die einmonatige Frist neu in Gang setze. Dies nimmt der Bundesgerichtshof jedoch nicht an. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer könne doch die Kündigungsklausel nur so verstehen, dass ein Kündigungsrecht einmal entsteht, sobald die erste Leistung erbracht wurde.
Dieser Annahme stehe auch nicht entgegen, dass in Versicherungsverträgen oftmals mehrere Leistungsarten vereinbart sind. Zwar könne es dazu kommen, dass der Versicherungsgeber eine Leistung erbringt, ohne dass die Ermittlungen für eine andere Leistung (z.B. eine Invaliditätsleistung) abschließend durchgeführt wurden, jedoch lasse sich daraus auch kein isoliertes Kündigungsrecht des Versicherers folgern.
Nach: NJW 2018, 305