Im Gegensatz zu therapeutisch tätig werdenden Fachärzten ist der Radiologe in der Diagnostik tätig, weshalb im Falle der Haftung für Behandlungsfehler in erster Linie eine Haftung aufgrund sog. Befunderhebungs- oder Diagnosefehlern eintritt. Ein Befunderhebungsfehler liegt vor, wenn eine Befunderhebung notwendig gewesen wäre um eine drohende oder bestehende Erkrankung feststellen zu können, dies jedoch unterlassen wurde.
Ein Diagnosefehler vorzuwerfen gilt es, wenn beispielsweise ein erhobenes Röntgenbild fehlerhaft ausgewertet wurde. Diese Art von Fehler wird jedoch von der Rechtsprechung zurückhaltender als Behandlungfehler beurteilt, da in der Diagnostik ein gewisser Beurteilungs- und Behandlungsspielraum des Behandlers zugesprochen wird und die Auswertung selbst auch durchaus schwierig sein kann, wenn das technisch erzeugte Bild keine eindeutige Deutung zulässt. Erst dann, wenn die Diagnose für einen gewissenhaften Arzt schlicht nicht mehr vertretbar erscheint, ist ein Behandlungsfehler in Form des Diagnosefehlers zu bejahen.
Beispiel:
So ist es beispielhaft auch im folgenden Fall vor dem OLG München zu einem groben Behandlungsfehler bei einer MRT-Untersuchung gekommen:
Ein Radiologe hatte eine MRT-Aufnahme fundamental falsch ausgewertet und so bei der Untersuchung von Hals und Kopf eine erhebliche Raumforderung nicht erkannt. Dadurch hat sich die Tumorentfernung bei dem Patienten um zwei Jahre verzögert. Es ist zur sog. Tumorinfiltration des Gesichtsnervs gekommen, d.h. das bösartige Tumorgewebe ist in den Gesichtsnerv eingewachsen und hat diesen schwer geschädigt. Es bestehen Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme und dem Sprechen, Veränderungen von Gesichtsausdruck und Mimik, sowie eine Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Kommunikation. Der Patient ist aufgrund dieser Beeinträchtigungen erheblich seelisch beeinträchtigt. Aus diesem Grund wurde unter einem immateriellen Vorbehalt ein Schmerzensgeld von 60.000,00 Euro für angemessen erkannt (vgl. OLG München, Urt. v. 16.02.2012 - 1 U 2798/11).