Unser Mandant hatte eine Krankenversicherung abgeschlossen. Als es wieder einmal um die Erstattung von Behandlungskosten ging, reagierte die Versicherung plötzlich mit einem "gemeinen" Schreiben. Sie erklärte überraschend den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und ebenso die Anfechtung und Kündigung.
Die Krankenversicherung teilte unserem Mandanten mit, dass sie nun nicht mehr zahlen brauchte. Unser Mandant wandte sich an uns!
Unsere Kanzlei nahm sofort Kontakt mit der gegnerischen Versicherung auf und forderte dort die komplette Versicherungsakte in Kopie an. Zudem forderten wir bei allen ärztlichen Behandeln die maßgeblichen Behandlungsunterlagen an und holten schriftliche Zeugenaussagen ein. Anschließend erstellten wir einen Klageentwurf, den wir der gegnerischen Versicherung vorlegten, so dass diese den Rücktritt, die Anfechtung und die Kündigung zurückzunehmen habe. Hier lesen Sie einen Auszug us unserem Klageentwurf:
"In Sachen des Max Muster ./. Muster Versicherung Freiburg zeigen wir unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung an, dass uns unser Mandant, im Folgenden bezeichnet als "Klägerpartei", mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt hat.
Namens und im Auftrag der Klägerpartei werden wir im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragen:
Es wird festgestellt, dass der von der Beklagten mit Schreiben vom 26.05.2014 erklärte Rücktritt von dem Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungs-Nummer K 1.111.111 unwirksam ist und der Krankenversicherungsvertrag fortbesteht.
Im Falle der nicht rechtzeitigen Anzeige der Verteidigungsabsicht und/oder der nicht rechtzeitigen Klageerwiderung und/oder bei Nichterscheinen der Beklagten im Termin wird bereits jetzt der Erlass eines den Klageanträgen entsprechenden Versäumnisurteils unter den Voraussetzungen des § 331 Abs. 1 und 3 ZPO beantragt.
Wir beantragen Streitwertfestsetzung.
In tatsächlicher Hinsicht ist Folgendes vorzutragen
1)
Am 17.09.2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Mit Übersendung des Versicherungsscheines, bzw. dem Nachtrag vom 02.12.2013, Versicherungs-Nummer 1.111.111, wurde der Vertrag zwischen den Parteien geschlossen. Der monatl. Gesamtbeitrag ab 01.01.2014 bezifferte sich dabei auf € 469,32.
Beweis:
Vertragsunterlagen zur Krankenversicherung, Anlage K1
2)
Vor Vertragsschluss las der Versicherungsagent, Herr Pascal Mustermann, dem Kläger in dessen Büro in Freiburg die Antragsfragen vor und füllte den Antrag für den Kläger aus, der den Antrag dabei nicht vor Augen hatte. Im diesem Antrag auf Abschluss des Krankenversicherungsvertrages vom 17.09.2013 beantwortete der Ver-sicherungsvermittler für den Kläger die dort gestellten Gesundheitsfragen unter Ziff. 2 und 3 des Antrages wie folgt:
(Zitat)
2. a)
Findet zurzeit eine Behandlung statt oder bestehen Gesundheits-störungen, Krankheiten, Beschwerden, Körperimplantate, Unfall-folgen oder Fehlleistungen, Fehlbildungen bzw. Funktions-einschränkungen von Extremitäten, Körperteilen oder Organen?
Antwort: Nein
2. b)
Werden oder wurden in den letzten drei Jahren Arzneimittel genommen/angewendet?
Antwort: Nein
2. g)
Bestanden in den letzten drei Jahren Gesundheitsstörungen oder Beschwerden bzw. haben ambulante Behandlungen, Operationen, Beratungen oder Kontrollen durch Ärzte, Heilpraktiker oder andere Leistungsträger stattgefunden?
Antwort: Nein
2. h)
Haben in den letzten drei Jahren Untersuchungen stattgefunden?
Antwort: Ja
3. a)
Haben in den letzten fünf Jahren Krankenhaus- Kur-oder Sanatoriumsaufenthalte stattgefunden?
Antwort: Nein
Unter Ziffer 7 der Gesundheitsfragen gab der Versicherungsvermittler für den Kläger die Untersuchung beim Hausarzt vom 09.09.2013, sowie eine Vorsorgeuntersuchung bei seinem Freiburger Augenarzt an.
Beweis:
Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages, Anlage K2
Eine ausreichende Mitteilung gemäß § 19 Abs. 5 VVG wurde dem Kläger (abgekürzt Kl.) nicht vorgelegt.
3)
Am 14.04.2014 setzte sich die Beklagte zwecks Nachfragen bei der ehemaligen Krankenkasse des Klägers, der Muster BKK, Münzstraße 8, 79100 Freiburg, in Verbindung.
Die mhplus BKK teilte der Beklagten mit Fax vom 13.05.2014 nachfolgende angebliche Vorfälle mit:
Februar 2006 bis einschl. März 2007 insgesamt 7 Arbeits-unfähigkeitsfälle, unter anderem wegen Grippe, Bronchitis, Hämorrhoiden und Diarrhoe.
Krankenhausfälle:
Oktober 2006 wegen Schlafapneu
Dezember 2006 bis Februar 2007 Arztbesuche mit Behandlung durch Atemtherapiegerät.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Fax der mhplus BKK vom 13.05.2014, Anlage K3
Weiterhin ergibt sich aus der Mitteilung der BKK, dass sich der Kläger angeblich insgesamt zwei Tage am 19.11.2009 in stationärer Behandlung wegen übermäßiger Adipositas mit alveolärer Hyperventilation, Restless-Leg-Syndrom, Unwohlsein und Ermüdung befunden haben soll.
Zudem ergibt sich aus der Mitteilung, dass der Kläger angeblich vom 28.11.2009 bis einschl. 13.10.2012 insgesamt 6 x eine Therapie mittels Atemtherapiegerät (Flüssigsauerstoff) bekommen haben soll. Hinzu kommt am 10.12.2010 eine angebliche physiotherapeutische Behandlung.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Fax der BKK vom 13.05.2014, Anlage K3
4)
a)
Weshalb ein solcher stationärer Aufenthalt des Klägers im November 2009 von der mhplus BKK aufgezeichnet wurde, ist aus Sicht des Klägers und seines Freiburger Hausarztes schlichtweg nicht zu erklären. Der Kläger kann sich nicht an einen stationären Aufenthalt im November 2009 erinnern. Ein solcher fand zu keiner Zeit statt.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernahme der Klägers
Zeugnis der Ehefrau des Klägers, zu laden über den Kläger
Zeugnis der Hausärzte des Klägers, Herr Dr. Gelb-Grün, 79100 Freiburg
b)
Zudem hatte der Kläger das Atemtherapiegerät bereits im Januar 2011 an das Klinikum Freiburg zurückgegeben. Für dieses Atemtherapiegerät wurde dem Kläger zu keiner Zeit Flüssigsauerstoff geliefert bzw. ggü. der Krankenkasse abgerechnet.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Frau Heine als Zeugin, Mitarbeiterin der MusterGmbH
Parteivernahme der Klägers
c)
Richtig ist, dass unser Mandant am 10.12.2012 eine physiotherapeutische Behandlung erhielt, die jedoch nicht Ausfluss einer ernsthaften Erkrankung war.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Orthopädisches Sachverständigengutachten
d)
Auch die Inhalationen an den Atemgeräten (6x in 3 Jahren) waren nicht aufgrund einer ernsthaften Erkrankung erforderlich.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Internistisches Sachverständigengutachten
e)
Weiterhin hat der Kläger beim Ausfüllen des Antrages (durch den Versicherungsmittler) jede einzelne ihm vorgelesene Frage mit dem Versicherungsvermittler kurz besprochen, welcher dabei meinte, dass bestimmte vom Kläger genannte Beschwerden als „Bagatellen“ nicht anzugeben seien.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Pascal Mustermann, 79100 Freiburg als Zeuge
Parteivernehmung der Klägers
f)
Die Hausärzte des Klägers teilten der Beklagten mit Bericht vom 24.04.2014 u.a. Nachfolgendes mit:
19.11.2012 Arztbesuch wegen Rotatorenmanschettensyndrom
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Auskunft Hausarzt, Anlage K4
g)
Weitere Erkrankungen oder ärztlichen Behandlungen sowie stationäre Behandlungen des Klägers erfolgten vor der Antragsstellung am 17. 09. 2013 nachweislich nicht.
h)
Hätte der Kläger von anzeigepflichtigen Krankheiten der letzten fünf Jahre gewusst, hätte er sie wahrheitsgemäß angegeben.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernahme des Klägers
i)
Die Beklagte hätte den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen, da diese medizinisch nicht derart erheblich gewesen wären, dass ein Vertrag unter keinen Umständen abgeschlossen worden wäre.
Beweis:
Pascal Mustermann, b.b. als Zeuge
Einholung eines Sachverständigenguatchtens
Mit Schreiben vom 26.05.2014 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger dann den Rücktritt, welches jedoch verspätet beim Kläger einging.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Schreiben der Beklagten vom 26.05.2014, Anlage K5
In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
Der Rücktritt der Freiburger Versicherung ist hier nach § 19 Abs. 1 und 2 VVG ist aus mehreren Gründen unwirksam.
I.
Der Rücktritt des Versicherers erfordert zunächst eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers, vgl. § 19 Abs. 2, 3 Satz 1 VVG. Bei einer grob fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung darf darüber hinaus keine Vertragsanpassung gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 VVG in Betracht kommen.
Vorliegend liegt bereits keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Anzeige-pflichtverletzung des Klägers vor.
1.
Zunächst handelt es sich bei den Fragen im Antragsformular um nicht ordnungsgemäße Fragen der Beklagten, so dass schon aus diesem Grunde rein objektiv eine Anzeigepflichtverletzung ausscheidet. Auch eine Anfechtung durch die Versicherung würde bereits aus diesem Grunde unwirksam sein, egal ob es sich dabei um eine Berufsunfähigkeitsversicherung,Lebensversicherung oder Krankenversicherung handelt.
a)
§ 19 Abs. 1 Satz 1 VVG beschränkt die Anzeigepflicht des Versicherungs-nehmers nämlich auf Gefahrumstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat.
Vorliegend wurde bereits nicht konkret nach der nunmehr vorgeworfenen Erkrankung im Antragsbogen gefragt.
Der Antragsbogen enthält weder Fragen bzgl. Schlafapneusyndrom, übermäßiger Adipositas mit alveolärer Hyperventilation und/oder Restless-Leg-Syndrom.
Das Schlafapneusyndrom bestand ausweislich der (Fehl-)Auskunft durch die BKK im August 2006 und fällt daher schon nicht unter den anzeigepflichtigen „5 Jahreszeitraum“ in der Antragsfrage.
b)
Nach dem Sinn und Zweck von § 19 VVG, dem Versicherungsnehmer das Risiko einer Fehleinschätzung abzunehmen, müssen die Fragen des Versicherers hinreichend bestimmt sein (Looschelders/Pohlmann, VVG Kommentar, 2. Auflage, Looschleders § 19 VVG Rn. 23). Allgemein gehaltene, pauschale oder völlig nichts sagende Fragen lösen eine Anzeigepflicht daher nicht aus.
Diese hinreichende Bestimmtheit fehlt in dem vorliegenden Fragenkatalog des Antragsformulars der Beklagten, da die Fragen im Antragsformular nach nicht näher konkretisierten eher allgemeinen Umständen fragen. Als zu weit gefasste Fragen sind diese von vornherein irrelevant (Looschelders/Pohlmann, VVG Kommentar, 2. Auflage, Looschleders § 19 VVG Rn. 23).
Wird, wie vorliegend unter Ziffer 2. h) und 3. a) des Antragsformulars, nach Krankenhausaufenthalten in den letzten fünf Jahren bzw. allgemein nach Untersuchungen in den letzten drei Jahren gefragt, sind selbstverständlich kleinere Krankheiten genau so wenig anzugeben wie einmalige Beschwerden, die in der Vergangenheit ausheilten und keiner besonderen Therapie bedurften (Van Bühnen, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 15 Rn. 428).
Bei den von der Beklagten aufgeführten Beschwerden im Rücktrittsschreiben handelt es sich offenkundig um leichte Beschwerden.
Beweis:
- Sachverständigengutachten
c)
Ergänzend ist noch auszuführen, dass unseren Mandanten über § 19 Abs. 1 VVG hinaus keine Offenbarungspflicht über sonstige Umstände trifft (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juni 2009, Az. I-4 W 20/09).
Der Versicherer hat die Möglichkeit erhebliche Gefahrumstände vorvertraglich durch entsprechende Fragen in Textform zu ermitteln. Werden, wie im vorliegenden Fall, keine konkreten Fragen nach gefahrerheblichen Umständen gestellt, geht dies einseitig zu Lasten des Versicherers.
Die Auslegung der Formularfragen richtet sich nach den Grundsätzen wie die Auslegung von AVB. Maßgeblich ist dabei demnach das Verständnis eines durchschnittlichen Antragstellers (vgl. (BGH VersR 1983, 850, OLG Hamm r+s 1993, 351).
Da die Beklagte für die Ordnungsgemäßheit ihrer Fragen einzustehen hat und diese Voraussetzung für einen Rücktritt usw. ist, liegt die diesbzgl. Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten.
2.
Des Weiteren beschränkt sich die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers aus § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG nur auf erhebliche Gefahrumstände.
a)
Nach der Gesetzesbegründung kommt es dabei nicht allein auf die Erheblichkeit des Umstandes aus Sicht der Versicherers an. Der in Frage stehende Umstand muss vielmehr objektiv gefahrerheblich sein. Dies liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung trotz einer entsprechenden Frage des Versicherers nicht vor, wenn die betreffende Gesundheitsstörung offenkundig als leicht einzuordnen ist, keine längere Behandlung erfordert hat und nicht wiederholt aufgetreten ist (vgl. BGH VeR 1991, 578).
Dies ist bei den von der Beklagten im Rücktrittsschreiben aufgeführten Beschwerden der Fall.
Die vorliegenden Beschwerden und Krankheiten des Klägers stellten offenkundig als „leicht“ einzuschätzende Gesundheitsstörungen dar (vgl. auch Van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 15, Rn. 430).
Bei den wahrgenommenen Arztterminen unseres Mandanten handelte es sich lediglich um vorsorgliche Arztbesuche sowie minimalste Gesundheitsbe-einträchtigungen, die keine weitere Behandlungsbedürftigkeit nach sich zogen und alle sofort vollständig ausheilten. Im Folgezeitraum musste sich der Kläger kein zweites Mal wegen der Beschwerden behandeln lassen.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernehmung des Kl.
Pascal Mustermann, b.b. als Zeuge
Sachverständigengutachten
Eine Gefahrerheblichkeit liegt darüber hinaus auch bei lange zurückliegenden Krankheiten nicht vor, sofern diese vollständig ausgeheilt sind. Die Schwere der Gesundheitsbeeinträchtigung ist dabei irrelevant.
Bei den in der Rücktrittserklärung angegebenen Gesundheitsbeeinträchti-gungen des Klägers handelt es sich um solche Gesundheitsbeeinträchti-gungen, die bereits sehr lange zurückliegen und in der Vergangenheit auch vollständig ausgeheilt sind. Die Beschwerden stammten aus dem Jahr 2009.
Eine weitere Behandlung aufgrund der damaligen Beschwerden musste bis heute nicht erfolgen. Dies geht auch eindeutig aus den Unterlagen der mhplus Krankenversicherung hervor.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernahme des Klägers
Fax der Krankenkasse vom 19.05.2014, Anlage K3
Zudem kann die Gefahrerheblichkeit alleine anhand des Vorliegens einer ärztlichen Diagnose nicht vermutet werden.
Als medizinischer Laie kann von dem Versicherungsnehmer nicht erwartet werden, dass er die Gefahrerheblichkeit gewisser Diagnosen und Befunde richtig einschätzt. Erforderlich für die Kenntnis der Gefahrerheblichkeit ist daher, dass der Arzt den Versicherungsnehmer nach Stellen der Diagnose, diese dem Versicherungsnehmer eingehend erläutert hat. Dies gilt umso mehr, wenn auf der Diagnose in Fachsprache verfasst ist, bspw. in Latein (vgl. KG v. 23.5.2014 - 6 U 210/13, "Gesonderte Mitteilung" im Versicherungs-Antragsformular, MDR 2014, 1147).
Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Kläger bekam lediglich die jeweiligen Diagnosen mitgeteilt. Ob es sich bei den jeweiligen Beschwerden um ernsthafte Krankheiten handelt, wurde ihm nicht mitgeteilt.
Beweis:
Parteivernhame des Klägers
Eine ausführliche Erklärung bzw. Erläuterung der Befunde gegenüber dem Kläger konnte aus ärztlicher Sicht vermutlich allein schon deshalb unter-bleiben, da es sich lediglich um leichteste Gesundheitsbeeinträchtigungen handelte.
Da es sich auch hierbei insoweit um ein Tatbestandsmerkmal des § 19 VVG handelt, liegt hier die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten.
b)
Die subjektive Gefahrerheblichkeit hängt davon ab, ob der Versicherer den Vertrag in Kenntnis der Umstände nicht oder nur mit einem anderen Inhalt geschlossen hätte. Dies wird vorliegend mit Nichtwissen bestritten.
Wir weißen darauf hin, dass die Beklagte bzgl. der Grundsätze von denen Sie sich bei der Risikoprüfung leiten lässt, die Darlegungs- und Beweislast hat.
Die Beklagte muss daher beweisen, dass sie den Vertrag bei Kenntnis der vermeintlich vorliegenden gefahrerheblichen Umstände nicht, oder nur mit einem anderen Inhalt geschlossen hätte.
3.
Des Weiteren liegt mangels positiver Kenntnis einer Anzeigeobliegenheit unseres Mandanten keine Verletzung der Anzeigepflicht aus § 19 Abs. 1 VVG vor.
Die Anzeigepflicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG beschränkt sich auf solche Umstände, die dem Versicherungsnehmer bekannt sind. Erforderlich ist dabei positive Kenntnis. Grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus, da den Versicherungsnehmer keine Kenntnisverschaffungspflicht trifft (vgl. BGH VersR 2009, 529). Kenntnis ist dabei das jederzeit aktualisierbare Wissen des Versicherungsnehmers, dessen er sich bei gehöriger Gedächtnisanspannung bewusst werden kann.
Vorliegend konnte sich der Kläger im Zeitpunkt der Beantwortung der Gesundheitsfragen im Antragsformular, trotz intensiver Anspannung seines Gewissens, an die von der Beklagten im Rücktrittsschreiben aufgeführten Gesunheitsbeeinträchtigungen nicht erinnern.
Demnach hat er das Antragsformular nach bestem Gewissen ausgefüllt. Hätte sich der Kläger an anzeigepflichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit erinnert, hätte er diese, wie bei den anderen Fragen im Antragsformular, wahrheitsgemäß angegeben.
Keiner seiner Arztbesuche in der Vergangenheit hatte eine weiterführende Behandlung zur Folge und war dementsprechend nicht weiter bedeutend für den Kläger, sodass diese in Vergessenheit gerieten.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernahme des Klägers
In diesem Zusammenhang weißen wir darauf hin, dass die Beklagte bzgl. der Kenntnis des Klägers von den gefahrerheblichen Tatsachen die volle Darlegungs- und Beweislast trägt.
4.
Eine Anzeigepflichtverletzung liegt auch deshalb nicht vor, da der Kläger den Versicherungsvertreter über die streitgegenständlichen Gesundheitsbe-eiträchtigungen beim Ausfüllen des Antragsformulars informiert hat.
Nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 VVG gilt der Versicherungsvertreter als bevollmächtigt, die vor Vertragsschluss abzugebenden Anzeigen und sonstigen Erklärungen entgegenzunehmen.
Diese Vorschrift bestätigt die Auge- und Ohr-Rechtssprechung des BGH (vgl. Begründung RegE BT- Drucks. 16/3945 S. 77). Danach erfüllt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht auch dann ordnungsgemäß, wenn er den Versicherungsvertreter mündlich über den betreffenden Umstand informiert und dieser die Angaben weder in den Fragebogen einträgt noch sonst an den Versicherer weiterleitet (vgl. Looschelders/Pohlmann, VVG Kommentar, 2. Auflage, Looschleders § 19 VVG Rn. 44).
Vorliegend hat der Kläger den Versicherungsvertreter ausnahmslos über alle ihm bekannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Gegenwart und der Vergangenheit aufgeklärt, soweit dies unserem Mandanten möglich war. Darunter fallen auch die in Streit stehenden gesundheitlichen Beeinträchti-gung aus der Rücktrittserklärung der Beklagten.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernehmung des Kl.
Pascal Mustermann, b.b. als Zeuge
Sachverständigengutachten
Auch hat der Kläger in dem Antragsformular seine Größe und sein Gewicht korrekt angegeben. Die Beklagte kann sich nunmehr nicht mehr auf eine etwaige Adipositas des Klägers berufen, da ihr die körperliche Konstitution des Klägers bei Antragstellung angegeben wurde.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernehmung des Kl.
Pascal Mustermann, b.b. als Zeuge
Sachverständigengutachten
Sollte der Zeuge Pascal Mustermann als Versicherungsmakler einzustufen sein, so würde hier Folgendes gelten:
Eine Anzeigepflichtverletzung liegt auch deshalb nicht vor, da unser Mandant den Versicherungsmakler über die streitgegenständlichen Gesundheitsbe-eiträchtigungen beim Ausfüllen des Antragsformulars informiert hat.
Das Wissen des Versicherungsmaklers steht dem Wissen eines Versicherungs-agenten des Versicherers gleich, wenn dieser in die Vertriebsorganisation des des Versicherers eingegliedert ist.
Dies war vorliegend der Fall, da Tatsachen vorliegen, die in ihrer Gesamtheit Betrachtet eine Wissenzurechnung rechtfertigen. Des Weitern liegen auch die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht vor.
Zum einen kommt die Eingliederung des Versicherungsmaklers in die Vertriebsorganisation des Versicherers dadurch zum Ausdruck, dass der Versicherungsmakler Antragsformulare des Versicherers zur Verfügung stellte. Dadurch wird dem Versicherungsnehmer suggeriert, dass es sich bei dem Versicherungsmakler um einen Vertreter des Versicherers handelt.
Dies war vorliegend eindeutig der Fall.
Des Weiteren war der Versicherungsmakler vorliegend zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt, oder zumindest von der Gesellschaft damit betraut.
Ob und wann es sich um einen Versicherungsvertreter handelt oder um einen Versicherungsmakler, dessen Wissen dem Versicherer aufgrund seiner Eingliederung in die Vertriebsorganisation zugerechnet wird, ist eine komplizierte Frage, deren Klärung keinesfalls zu Lasten des schutzwürdigen Versicherungsnehmer als Verbraucher gehen darf. Dazu kommt, dass der durchschnittliche Verbraucher den Unterschied zwischen einem Versicherungsmakler und einem Versicherungsvertreter nicht kennt.
Unter dem Aspekt, dass der Versicherer vom Tätigwerden des Versicherungs-maklers profitiert, ist eine Wissenszurechnung des Versicherungsmaklers an den Versicherer in Fällen, in denen der Versicherungsmakler im „Lager“ des Versicherers steht, zwingend geboten.
Wir weißen die Bekl. darauf hin, dass diese eine Sekundäre Beweislast hinsichtlich der fehlenden Stellung des Versicherungsvermittlers als Versicherungsvertreter trifft.
Hilfsweise führen wir aus, dass die Zurechnung des arglistigen Verhalten des beauftragten Versicherungsmaklers über § 166 BGB nur in solchen Fällen in Betracht kommt, in denen der Makler aus der Sicht des Erklärungsempfängers, mithin des Versicherers, als Vertreter des Versicherungsnehmers tätig geworden ist.
Vorliegend wurde der Versicherungsmakler jedoch nicht als Vertreter unseres Mandanten tätig. Vielmehr hat unser Mandant den Versicherungsantrag selbst unterschrieben, sodass keine eigene Willenserklärung des Maklers vorliegt.
5.
Das Rücktrittsrecht der Beklagten gemäß § 19 Abs. 2 VVG ist auch gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 VVG ausgeschlossen, da der Kläger die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch fahrlässig verletzt hat.
Die Begriffe des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit bestimmen sich nach den allgemeinen Kriterien (§ 276 BGB). Vorsatz liegt dabei bei Wissen und Wollen der Obliegenheitsverletzung vor, wobei sich der Versicherungsnehmer bzgl. der Existenz der Obliegenheitsverletzung, also der Anzeigepflicht, bewusst sein muss.
Vorliegend wusste der Kläger nicht, dass es sich überhaupt um gefahrerhebliche Umstände handelte. Vorsatz scheidet daher schon mangels erforderlichem Wissen aus.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt objektiv in einem ungewöhnlich hohen Maße verletzt und nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Des Weiteren ist kumulativ erforderlich, dass der Sorgfaltsverstoß auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbar erscheint. Deshalb sind auch subjektive in der Individualität des Versicherungsnehmers begründende Umstände zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 10,14, 17).
Vorliegend hat der Kläger alle Fragen nach bestem Wissen beantwortet. Darüber hinaus machte er auch Detailangaben zu den mit „ja“ beantworteten Fragen. Dies zeigt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung die Antragsfragen nach bestem Gewissen beantwortete und keinerlei Beschwerden verheimlichen wollte.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernahme des Klägers
Da es sich auch hierbei insoweit um ein Tatbestandsmerkmal des § 19 VVG handelt, liegt hier die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten.
6.
Die Rechte der Beklagten nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG sind gemäß § 19 Abs. 1, 5 VVG auch deshalb ausgeschlossen, da sie den Kläger nicht in Textform nach den Gefahrumständen fragte (§ 19 Abs. 1 VVG), sowie auf die Folgen einer Anzeigepflicht-verletzung hingewiesen (§ 19 Abs. 5 VVG) hat.
a)
Das Vorlesen durch den Versicherungsvertreter genügt der Textform iSd § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG und iSd § 19 Abs. 5 VVG nicht, vgl. LG Berlin v. 25.01.2013 - 23 O 238/11 - r+s 2014, 7, vgl. Marlow/Spuhl, Das neue VVG, 4. Aufl. 2010, Rn. 159.
b)
Dies gilt insbesondere für die Fragen nach § 19 Abs. 1 VVG.
Textform erfordert, dass der (zukünftige) Versicherungsnehmer die Fragen verkörpert vor Augen hat, sie also ggf. mitlesen kann, unabhängig davon, ob er sie auch tatsächlich mitliest. Dem Versicherungsnehmer sind die Fragen daher vor Unterzeichnung des Antrags in dauerhafter lesbarer Form zur Verfügung zustellen. Dieses Verständnis entspricht nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG, sondern auch deren Sinn und Zweck. Das Erfordernis der Textform soll der Rechtssicherheit (Dokumentationsfunktion) dienen (BT-Drs. 16/3945, S. 64). Außerdem soll der Versicherungsnehmer als Erklärungsempfänger zuverlässiger als durch das gesprochene Wort über einen bestimmten Inhalt informiert (Informationspflicht) werden. Damit wird gerade bei der in der Praxis typischen Antragssituation, in der der Versicherungsvertreter bzw. Versicherungsmakler die Fragen stellt bzw. vorliest, dem zukünftigen Versicherungsnehmer die Möglichkeit gegeben zu überprüfen, ob ihm die Fragen vollständig und richtig gestellt wurden.
Da dem Kläger die Antragsfragen lediglich vorgelesen wurden und er diese nicht in Textform mitlesen konnte, wurde gegen das Textformerfordernis aus § 19 Abs.1 Satz 1 VVG verstoßen und der dadurch zu gewährleistenden Rechtssicherheit für unseren Mandanten nicht genüge getan.
Auch die blosse Verkörperung der Fragen in einem Laptop des Vermittlers reicht nicht aus, vielmehr müssen die Fragen dem Kunden vor der Unterzeichnung (!) dauerhaft zur Verfügung gestellt werden (Übergabe einer Kopie - Beweislast trägt VR), vgl. KG v. 23.5.2014 - 6 U 210/13, "Gesonderte Mitteilung" im Versicherungs-Antragsformular, MDR 2014, 1147.
vgl. Zitat aus KG v. 23.05.204 - 6 U 210/13:
"Dem Versicherungsnehmer müssen die Fragen jedoch auch in lesbarer Form zugehen (s. o. zu aa). Im Hinblick darauf ist es jedenfalls erforderlich, dass dem Versicherungsnehmer darüber hinaus die Fragen dauerhaft in lesbarer Form - als Papierdokument oder elektronisches Dokument - zur Verfügung gestellt werden (so Looschelders aaO.), dass ihm zumindest das vom Agenten ausgefüllte Formular vor der Unterzeichnung zur Durchsicht vorgelegt wird (so Schimikowski aaO. und Looschelders aaO. Rn. 21, letzterer allerdings nur für den - der Textform nicht entsprechenden - Fall, dass der Agent das Formular eigenständig ohne Rückfragen ausgefüllt hat) oder dass der Versicherungsnehmer die Fragen mitlesen kann, also verkörpert vor Augen hat (so LG Berlin, Urteil vom 25.1.2013 - 23 O 238/11, RuS 2014, 7 Rz. 49; Marlow in Marlow/Spuhl, Das neue VVG, Rn. 159)."
Hier wurden die Antragsfragen und die Belehrung dem Kläger nicht in dauerhaft lesbarer Form zur Verfügung gestellt. Dem Kläger wurde das vom Agenten ausgefüllte Antragsformular vor der Unterzeichnung zur Durchsicht weder vorgelegt, noch hat unser Mandant eine Kopie seines Antragsformulares erhalten.
Dies gilt entsprechend für die Textform bzgl. der Belehrung iSd § 19 Abs. 5 VVG.
c)
Die Beweislast trägt nach § 69 Abs. 3 S. 2 VVG der Versicherer.
Rein vorsorglich weisen wir darauf hin, dass eine formularmäßige Bestätigung des Erhalts von AGB oder von solchen Belehrungen nach § 11 Nr. 15b AGBG bzw. § 309 Nr. 12b BGB unwirksam ist.
Vgl. Bundesgerichtshof mit Urt. v. 09.11.1989, Az.: IX ZR 269/87:
"Nach § 11 Nr. 15 b AGB-Gesetz ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, indem er diesen bestimmte Tatsachen bestätigen läßt. Die vom Kläger beanstandete Klausel enthält eine derartige Tatsachenbestätigung. Sie ändert die Beweislast zum Nachteil des Krankenhausbenutzers. Diese Änderung liegt schon in dem Versuch des Verwenders, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern, indem der Verwender z.B. durch eine vom Kunden gegen sich selbst ausgestellte Bestätigung seiner Beweislast zu genügen trachtet. Bereits dann, wenn die formularmäßige Klausel zur Folge haben kann, daß der Richter die Anforderungen an den Beweis zum Nachteil des beweispflichtigen Kunden erhöht, liegt eine für § 11 Nr. 15 AGB-Gesetz maßgebliche Änderung der Beweislast vor (BGHZ 99, 374, 380).“
d)
Zur Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG:
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 5 VVG ist hierfür eine „gesonderte Mitteilung“ erforderlich. Die Belehrung hat daher auf einem vom Antragsformular verschiedenen Schriftstück zu erfolgen. Hierfür spricht auch die Parallele zu § 7 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 VVG.
Auch muss die Mitteilung drucktechnisch so ausgestaltet sein, dass sie sich deutlich vom Text des Antragsformulars unterscheidet und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, Urteil vom 9.1.2013 IV ZR 197/11).
Dies war vorliegenden nicht der Fall.
Eine gesonderte Mitteilung liegt nicht vor, da der Kläger diese niemals zu Gesicht bekam.
Die Mitteilung auf Seite 6 war vorliegend lediglich ein „Anhang“ an das Antragsformular.
Die Belehrung erfolgte der Reihenfolge nach erst nach der Unterschrift des Antragsformulars. Zudem musste die Mitteilung selbst nicht unterschrieben werden. Auch drucktechnisch hebt sie sich nicht von dem Restlichen Antragsformular ab, da sie sich bzgl. Schriftgröße, Druck usw., haltlos in das Antragsformular einfügt.
Die vorherige Verweis auf Seite 3 des Antragsformulars stellt bereits keine hinreichend ausführliche Belehrung i.S.d. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG dar.
Des Weiteren ist die Mitteilung auf Seite 6 drucktechnisch auch nicht so ausgestaltet, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann. Von der Darstellung fügt sich diese „Belehrung“ nahtlos in das Antragsformular ein, ohne dabei besonders aufzufallen.
Da es sich auch hierbei insoweit um ein Tatbestandsmerkmal des § 19 VVG handelt, liegt hier die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten.
Auch obliegt der Beklagten die Darlegung und der Beweis, dass sowohl die Antragsfragen, als auch die Belehrung dem Kläger nicht nur vorgelesen wurden, sondern diese ihm in Kopie vor dem Vertragsschluss auch ausgehändigt wurden, vgl. KG v. 23.05.204 - 6 U 210/13, was hier nicht der Fall war.
Des Weiteren genügen der Inhalt und der Umfang beider Mitteilung nicht den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen.
Es liegt keine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung vor. Der Warnfunktion der Belehrungspflicht, wie sie von gesetzeswegen gefordert wird, wurde vorliegend somit nicht entsprochen.
Die Mitteilung auf Seite 6 gibt unter Punkt 1 „Rücktritt und Wegfall des Versicheurngsschutzes“ bspw. lediglich den Wortlaut von § 19 Abs. 2, 3 Satz 1, 4 VVG wieder. Dies genügt der Warnfunktion der Belehrungspflicht jedoch nicht (vgl. Looschelders/Pohlmann, VVG Kommentar, 2. Auflage, Looschleders § 19 VVG Rn. 71).
An dieser Stelle weisen wir darauf hin, dass die Beklagte die volle Darlegungs- und Beweislast für eine ordnungsgemäße Belehrung des Klägers trägt.
7.
Die Rechte der Beklagten aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG sind auch deshalb ausgeschlossen, da sie die nicht angezeigten Gefahrenumstände bzw. die vermeintliche Unrichtigkeit der Anzeigen kannte.
Der Kläger hatte gegenüber dem Versicherungsvertreter vollumfängliche Angeben gemacht. Das Wissen des Versicherungsvertreter wird dabei der Beklagten zugerechnet (vgl. oben).
II.
Das Rücktrittsrecht nach § 19 Abs. 2 VVG ist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 VVG auch deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten.
Es bleibt offen, weshalb diese Bagatellbeschwerden überhaupt mit dem Entschluss der Beklagten, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich gewesen sein sollten.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernehmung des Kl.
Pascal Mustermann, b.b. als Zeuge
Sachverständigengutachten
III.
Die Rücktrittsrecht der Beklagten ist zudem bereits nach § 21 I VVG verfristet, da es dem Kläger nicht binnen der Monatsfrist zuging.
Laut obergerichtlicher Rechtsprechung gilt, dass die Versicherung bzgl. des Fristbeginns und aufgrund den in ihren Geschäftsbereich fallenden Vorgänge, eine Darlegungslast trifft (vgl. OLG Stuttgart, VersR 2007, 340 - 7 U 111/06), da unser der Kläger keine Kenntnisse der Verwaltungsabläufe, insbesondere der Postverteilung im Geschäftsbereich ihrer Verwaltung hat.
Da es sich auch hierbei insoweit um ein Tatbestandsmerkmal handelt, liegt hier die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten.
Beweis (unter Verwahrung gegen die Beweislast):
Parteivernehmung des Kl.
Streitwert
Bei einem auf Fortbestand eines Versicherungsvertrages gerichteten Feststellungsantrag ist der Streitwert in der Regel in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO und unter Berücksichtigung des § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen (vgl. BGH, RuS 1996, 332; ebenso BGH, NVersZ 2002, 21 und OLG Köln, RuS 1996, 332). Der monatlich vereinbarte Versicherungsbetrag beträgt vorliegend 469,32 Euro. Demnach ergibt sich ein Streitwert in Höhe von insgesamt 19.711,44 Euro (12 Monate x 469,32 Euro x 3,5).
Mit freundlichen Grüßen
Michael Graf
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht"