Klage gegen den BVV Versicherungsverein
Wir beraten und vertreten Versicherungsnehmer und Versicherungskunden bei Klagen gegen den BVV Versicherungsverein.
Zum Fall:
Die Mandantin erlitt 2015 einen schweren Herzinfarkt, nach welchem sie zwei Mal reanimiert werden musste und es zu einem initialen Krampfanfall kam. Die Mandantin wurde im Rahmen der Behandlung dieses Infarktes in ein künstliches Koma versetzt, in welchem sie zehn Tage verblieb. Von dem Ereignis hat sie sich bis heute noch nicht erholt. Nach dem erlittenen Herzinfarkt kam es bei der Mandantin zu einer chronischen Niereninsuffizienz und insbesondere zu starken Konzentrations- und Gedächtnisbeeinträchtigungen. Dies führt bei der Mandantin u.a. zu folgenden Gesundheitsbeeinträchtigungen:
- Muskelschwäche, Muskelkrämpfe - zeitweise, empfindliche Muskulatur, Gelenk- und Muskelschmerzen
- Nasenschleimhaut geschwollen, verstopfte Nase
- Atembeschwerden, zeitweise Atemnot, Kurzatmigkeit
- Ödembildung und starke Gewichtszunahme
- Schlaflosigkeit / schweres Schlafapnoesyndrom
- Verschwommenes Sehen, zeitweise juckende und tränende Augen
- Erschöpfungszustände, Müdigkeit, allgemeines Unwohlsein
- Konzentrationsschwäche
- Haarfolikelentzündungen mit Hautausschlag
- Hautjucken und Kribbeln, speziell an den Armen
- Depressive Stimmung
- Deutliche Brustvergrößerung
- Zeitweise schlechtes Hören
Der BVV Versicherungsverein verweigerte trotzdem die Zahlung der vertraglich vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente.
Schriftsatzmuster unserer Verfahren gegen den BVV Versicherungsverein:
Rechtsweg bei Klagen gegen den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. und gegen die BVV Versorgungskasse
Einleitung
In den letzten Jahren wurden gehäuft versicherungsrechtliche Streitigkeiten gegen eine Pensionskasse, in welchem Ansprüche wegen behaupteter Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers den Streitgegenstand bilden (sog. „BU-Streit“), nicht (!) vor den Kammern für Versicherungssachen der Landgerichte, sondern vor den Arbeitsgerichten ausgetragen.
Es handelt sich im Fragen zum Rechtsweg bei Klagen gegen den BVV Versicherungsverein und gegen die BVV Versorgungskasse.
Höchstrichterlich ungeklärt und heftig umstritten war bis zu den Grundsatzentscheidungen des vierten BGH-Senats vom 03.04.2019 sowie vom 16.04.2019 meist die Frage der Rechtswegzuständigkeit im Falle eines versicherungsrechtlichen BU-Streit gegen den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (im folgenden abgek. „BVV“).
Der BGH hat dem Streit (hoffentlich) nun wie folgt ein Ende bereitet (Leitsätze):
1. Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. ist keine Sozialeinrichtung des privaten Rechts i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 b ArbGG.
2. Über Versorgungsansprüche von Mitarbeitern der Mitgliedsunternehmen haben die ordentlichen Gerichte zu entscheiden.
Die bis dahin existierende uneinheitliche Rechtsprechung führte in der Tat dazu, dass v.a. die Landgerichte die Auffassung vertraten, es sei auch bei solchen versicherungsrechtlichen Ansprüchen aus Berufsunfähigkeit (§ 172 VVG) die Spezialregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG einschlägig, so dass ausschließlich die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sei, während andere Gerichte (v.a. die Arbeitsgerichte) wiederum die beklagte branchenbezogene Pensionskasse (den BVV) gerade nicht als „Sozialeinrichtung des privaten Rechts" im Sinne der vorgenannten Zuständigkeitsnorm verstanden und für die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit plädierten.
Freilich ist es nachvollziehbar - weil menschlich -, wenn ein Zivilrichter alle prozessual zulässigen Wege ausschöpft, um einen aufwändigen BU-Streit „vom Tisch“ zu bekommen, da wird die denkbare Verweisung bzw. „Zuständigkeitsverschiebung“ an einen anderen Rechtsweg gerne als „Joker“ gezogen.
So lehnten im BU-Streit jüngst das KG Berlin mit Beschluss vom 26.06.2018, das OLG Köln mit Beschluss vom 30.10.2018 sowie das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 28.11.2018 die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ab und bejahten die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG.
Dieser Beitrag soll helfen, diese „Zuständigkeitsverschiebung“ an die Arbeitsgerichte und die hierzu unterschiedlichen Meinungen der letzten Jahre näher zu beleuchten.
Sachverhalt zur aktuellen Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.04.2019
Der Kläger begehrt mit seiner beim LG Berlin erhobenen Klage vom BVV Leistungen wegen behaupteter Berufsunfähigkeit.
Gemäß der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Satzung dient der beklagte BVV
„der Pensions- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten deutscher Banken und weiterer im Finanzdienstleistungsbereich tätiger Unternehmen sowie ihnen verbundener Dienstleistungsunternehmen und dem Betrieb von Geschäften der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen“
und nimmt
„von Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Satzung [deutsche Banken und weitere im Finanzdienstleistungsbereich tätige Unternehmen sowie ihnen verbundene Dienstleistungsunternehmen] Anträge auf Versicherung ihrer Angestellten entgegen. Mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages erwerben sowohl die vertragsschließenden Unternehmen (…) als auch ihre beim (…) [Beklagten] versicherten Angestellten […] die Mitgliedschaft.“
Im Jahr 1990 wurde der Kläger über seine damalige Arbeitgeberin bei der beklagten Versorgungseinrichtung angemeldet. Im Jahr 2017 erfolgte die Abmeldung bei dem Beklagten. Seither ist die Versicherung des Klägers bei dem Beklagten beitragsfrei gestellt.
Das LG Berlin bejahte mit Beschluss vom 23.04.2018 zunächst seine Rechtswegzuständigkeit. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wurde der Beschluss des LG Berlin mit Beschluss des KG Berlin vom 26.06.2018 wieder aufgehoben. Das zivilrechtliche Beschwerdegericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Berlin verwiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses vom 23.04.2018, woraufhin der BGH am 03.04.2019 seine Grundsatzentscheidung gefällt und nunmehr höchstrichterlich bestätigt hat, dass es sich bei dem beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht um eine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG handelt und somit gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist, mit dem Ergebnis, dass der versicherungsrechtliche Streit bei der zuständigen Zivilkammer des Landgerichts zu verbleiben hat.
Sachverhalt zur aktuellen Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.04.2019
Auch in dem der aktuellen Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.04.2019 zugrunde liegenden Streitfall begehrt der Kläger mit seiner beim LG Freiburg erhobenen Klage von demselben branchenspezifischen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Leistungen wegen behaupteter Berufsunfähigkeit. Das LG Freiburg erklärte sich mit Beschluss vom 12.07.2018 für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das ArbG Freiburg. Die sofortige Beschwerde des Klägers wurde vom OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 28.11.2018 zurückgewiesen, da das Beschwerdegericht den BU-Streit an das Arbeitsgericht verweisen wollte, woraufhin der Kläger Rechtsbeschwerde einlegte. In seiner Grundsatzentscheidung vom 16.04.2019 verweist der BGH hinsichtlich der rechtlichen Begründung vollumfänglich auf die nur wenige Tage zuvor ergangene Grundsatzentscheidung vom 03.04.2018 und bestätigte diese somit erneut.
Begründung der aktuellen Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.04.2019
Keine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG
In seiner aktuellen Grundsatzentscheidung vom 03.04.2019 stellt der Vierte BGH-Senat nunmehr klar, dass der „der Pensions- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten deutscher Banken und weiterer im Finanzdienstleistungsbereich tätiger Unternehmen sowie ihnen verbundener Dienstleistungsunternehmen“ dienende Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG nicht (!) erfülle, mithin der Beklagte keine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ darstelle und somit gem. § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei.
Beschränkung des Wirkungsbereichs der Sozialeinrichtung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG als Wesensmerkmal der Sozialeinrichtung?
Dahinstehen ließ der BGH hingegen die Rechtsfrage, ob es sich bei der in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausdrücklich vorausgesetzte Beschränkung des Wirkungsbereichs der Sozialeinrichtung auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern um ein Wesensmerkmal der Sozialeinrichtung handele und auf die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG zu übertragen sei oder aber mit der Erforderlichkeit dieser ausdrücklichen gesetzlichen Beschränkung gerade zum Ausdruck gebracht werde, dass sie dem Begriff der Sozialeinrichtung nicht innewohne. Der beklagte branchenbezogene Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sei unabhängig davon keine Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG.
Keine „besondere Nähe“ der beklagten Versicherungsgesellschaft „zum Arbeitsverhältnis“ des Klägers
a)
In seiner aktuellen Grundsatzentscheidung vom 03.04.2019 schließt sich der BGH letztlich der bereits existierenden Rechtsprechung des BAG an, wonach eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG eine soziale Leistung des Arbeitgebers nach allgemeinen Richtlinien aus einer abgesonderten, besonders zu verwaltenden Vermögensmasse voraussetze. Maßgeblich sei somit, dass es sich bei der sozialen Leistung um eine solche des Arbeitgebers handele.
b)
Ferner vertritt der BGH insoweit die Auffassung, der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vom 21.05.1979 in das ArbGG aufgenommene Begriff der Sozialeinrichtung entspreche dem in § 2 Abs. 4 S. 2 des ArbGG vom 03.09.1953 verwendeten Begriff der Wohlfahrtseinrichtung. Diesem Begriff sei die Errichtung durch den Arbeitgeber immanent gewesen. Der Begriff der Sozialeinrichtung setze daher, wie auch die Definition einer Wohlfahrtseinrichtung, eine Leistungserbringung voraus, die dem Arbeitgeber zuzurechnen sei. Dies sei gerade dann der Fall, wenn die Einrichtung von ihm [dem Arbeitgeber] errichtet wurde.
c)
Der Umstand, dass die hier maßgebliche Kompetenzvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG mittlerweile keine Beschränkung des Wirkungsbereichs der Sozialeinrichtung auf den Betrieb oder das Unternehmen mehr aufweise, führe gerade nicht dazu, dass es für die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte keiner „besonderen Nähe“ der Einrichtung „zum Arbeitsverhältnis“ bedürfe. Eine solche „besondere Nähe“ liege nur vor, wenn die soziale Leistung aus einem Sondervermögen erbracht werde, welches der Arbeitgeber oder mit ihm im Konzernverbund stehende und ihm daher zuzuordnende Unternehmen zur Verfügung gestellt habe. Denn nur in diesem Fall sei die erbrachte soziale Leistung als eine solche des Arbeitgebers zu deklarieren und betreffe spezifisch das Arbeitsverhältnis des am Rechtsstreit beteiligten Arbeitnehmers.
d)
Es liege daher keine Sozialeinrichtung im hier maßgeblichen, zuständigkeitsrechtlichen Sinne vor, wenn - wie hier im Falle des BVV - das Sondervermögen von mehreren Arbeitgebern errichtet wurde und diese nicht miteinander verbundenen Arbeitgeber Beiträge als Mitglieder der Einrichtung entrichten. Aufgrund der Beteiligung mehrerer Arbeitgeber entfalle die erforderliche Nähe zum einzelnen, streitgegenständlichen Arbeitsverhältnis.
Im vorliegenden Streitfall sei der beklagte Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gerade nicht von einem Arbeitgeber errichtet worden; sein Vermögen sei kein von einem Arbeitgeber des Klägers zur Verfügung gestelltes Sondervermögen. Vielmehr würden
„die Leistungen des Beklagten aus Zahlungen mehrerer Unternehmen, die nur ihre Zugehörigkeit zur Finanzdienstleistungsbranche verbindet, finanziert.“
e)
Insbesondere spiele es - so der BGH - für die Einordnung als Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG keine tragende Rolle, dass das Versicherungsverhältnis aus dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers resultiert, die Mitgliedschaft beim beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit branchenabhängig ist und die Mitglieder auf die Belange des Beklagten Einfluss nehmen können. Dasselbe gelte für die Eigenschaft des Beklagten als regulierte Pensionskasse (vgl. § 233 Abs. S. 1 VAG).
f)
Auch komme es nach Ansicht des BGH für die Erfüllung der Voraussetzungen hinsichtlich des Vorliegens einer Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG nicht auf die Unterschiede zwischen dem Beklagten und einem Versicherungsunternehmen, das Direktversicherungen (vgl. § 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG) anbietet, an. Dass die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für den Kläger unter Kostengesichtspunkten vorteilhaft sein könnte, sei ebenfalls nicht entscheidend.
Weitere Befürworter der ordentlichen Rechtswegzuständigkeit
In Übereinstimmung mit der nunmehr existierenden höchstrichterlichen BGH-Rechtsprechung wurde in der Vergangenheit in vergleichbaren Streitfällen von vielen (Arbeits-)Gerichten der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bejaht.
Zum Beschluss des Hessischen LAG vom 30.08.2005
So verneinte bereits das Hessische LAG in seinem Beschluss vom 30.08.2005 eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG, da es sich bei Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit nicht mehr um auf den Betrieb oder das Unternehmen bezogenen Einrichtungen handele.
Zur Grundsatzentscheidung des BAG vom 05.12.2013
a)
Sodann hat sich das BAG in seiner Grundsatzentscheidung vom 05.12.2013 in einem ähnlich gelagerten Streitfall für die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgesprochen. Beklagte im dortigen Streitfall war eine „Pensionsversicherung aG“. Auch diese Einrichtung wurde vom BAG aufgrund der fehlenden „greifbaren Nähe zum Arbeitsverhältnis“ nicht als „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG qualifiziert.
b)
Anders als in den beiden vom BGH aktuell entschiedenen Fällen stand die beklagte Personenversicherung indes auch für konzernfremde Arbeitgeber und Arbeitnehmer offen, was wiederum dazu führte, dass (später) einige Gerichte gerade hierin den maßgeblichen Grund für die vom BAG versagte Zuschreibung der beklagten Personenversicherung als „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG sahen.
c)
Festzustellen ist, dass die Begründung des BAG im Wesentlichen derjenigen des BGH in seinen aktuellen Grundsatzentscheidungen vom 03.04.2019 und 16.04.2019 entspricht. So heißt es in der Grundsatzentscheidung des BAG vom 05.12.2013:
„Die Leistungsfähigkeit der Bekl. speist sich nicht nur aus Beiträgen der früheren Arbeitgeberin und dem Konzern, zu dem diese gehört, sondern auch aus den Zahlungen vieler weiterer Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, die in keiner besonderen Nähe zur Arbeitgeberin des Kl. stehen, sondern allenfalls in einem historisch begründeten Zusammenhang mit der sozialen Sicherung der ländlichen Bevölkerung.
Die Bekl. steht damit – anders als eine Sozialeinrichtung – außerhalb der besonderen „greifbaren” Beziehung zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen, wenn auch das Versicherungsvertragsverhältnis sein Entstehen – rein tatsächlich – einem Arbeitsverhältnis verdankt.“
Mithin hat sich der Vierte BGH-Senat nun letztlich der Auffassung des BAG angeschlossen.
d)
Ausdrücklich offen gelassen hat hingegen auch der BAG die Rechtsfrage, ob die in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG vorausgesetzte Beschränkung des Wirkungsbereichs der Sozialeinrichtung auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern vollumfänglich auf die Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG zu übertragen ist.
Zum Beschluss des LAG Hamburg vom 18.01.2016
Unter Verweis auf die Grundsatzentscheidung des BAG vom 05.12.2013 verneint ferner das LAG Hamburg in seinem Beschluss vom 18.01.2016 in einem gleich gelagerten Rechtsstreit die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen mangels Vorliegens einer „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG.
Zum Beschluss des ArbG Berlin vom 19.02.2016
a)
Weiterhin kommt das ArbG Berlin mit Beschluss vom 19.02.2016 in einem vergleichbaren Rechtsstreit unter Zugrundelegung der Rechtssätze der Entscheidung des BAG vom 05.12.2013 zu dem Ergebnis, dass aufgrund des branchenweiten Mitgliedschaftsangebotes eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Unternehmen erfasst werde und somit eine „greifbare Nähe“ des Versicherers „zum Arbeitsverhältnis“ des Anspruchstellers abzulehnen sei. Es könne
„angesichts der schier grenzenlosen „Landschaft" potentieller Mitglieder ihres Organisationsbereichs in der Tat keine andere Rechtswegzuweisung Platz greifen, als für den im Falle des BAG betroffenen Versicherers, nämlich der der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit.“
b)
Auch stellt das ArbG Berlin in seiner Entscheidung vom 19.02.2016 klar, dass zwar der Dritte Senat des BAG in seiner älteren Entscheidung vom 11.11.1986 sich des Terminus „Gruppenunterstützungskassen“ bediene und gegen die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssache keine durchgreifenden Bedenken erhoben habe. Jedoch sei insoweit zu ersehen, dass der ausschließliche Zweck dieser Einrichtung in der freiwilligen Unterstützung von (ehemaligen) Werksangehörigen eines bestimmten Konzerns bestand. Mithin habe im dortigen Streitfall -anders als in den vom BGH aktuell entschiedenen Fällen- angesichts der Exklusivität der beklagten Einrichtung für das (ehemalige) Personal eines einzigen Konzerngebildes genau jene Konstellation vorgelegen, welche auch dem Zehnten Senat des BAG als „besondere Nähe“ erklärtermaßen ausgereicht hätte.
c)
Schließlich vertritt das ArbG Berlin in seinem Beschluss vom 19.02.2016 die Auffassung, der Zehnte Senat des BAG habe bei seiner Grundsatzentscheidung vom 05.12.2013 gerade nicht auf die Öffnung des dortigen Versicherers auch für Nichtmitglieder abgestellt, sondern werfe vielmehr
„den Branchenbezug potentiell tausender von Unternehmensmitgliedern des dortigen Organisationsbereichs in die Waagschale, um zu belegen, dass die geforderte „besondere Nähe“ des Beklagten zum Arbeitsverhältnis des Anspruchstellers sich angesichts dessen heillos verflüchtige.“
5.
Überdies bejahte etwa das LG Berlin mit Beschluss vom 23.04.2018 sowie mit Urteil vom 13.08.2018 die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten.
Gegenstimmen
Demgegenüber positionierten sich viele (Zivil-)Gerichte dahingehend, dass sie derartige Versicherungsgesellschaften als „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ qualifizieren und damit ausschließlich der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gem. § 2 Abs. 1 Abs. 4 Buchst. b) ArbGG gegeben sei.
Zum Beschluss des KG Berlin vom 26.06.2018
a)
So sprach sich das KG Berlin in seinem Beschluss vom 26.06.2018 für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG und somit in Übereinstimmung mit der Entscheidung des KG Berlin vom 22.06.2001 für die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aus. Streitgegenständlich waren auch hier Ansprüche des Klägers gegen einen branchenspezifischen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, einer mitgliedschaftlich organisierten regulierten Pensionskasse, wegen behaupteter Berufsunfähigkeit.
b)
Nach Auffassung des KG Berlin handele es sich bei dem beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit um eine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG. Zudem stünden die geltend gemachten Ansprüche mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang.
c)
Im arbeitsgerichtlichen Kontext verstehe man - so das KG Berlin - unter einer Sozialeinrichtung ein von einem oder mehreren Arbeitgebern errichtetes zweckgebundenes Sondervermögen, welches der Verwaltung bedürfe und dessen Zweck darin bestehe, soziale Leistungen an (ehemalige) Arbeitnehmer zu erbringen.
d)
Branchenspezifische Pensionskassen wie der beklagte Versicherungsverein seien geradezu typische Beispiele für eine privatrechtliche Sozialeinrichtung im Sinne der maßgeblichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG.
e)
Insbesondere sei laut KG Berlin eine Beschränkung des Wirkungskreises auf Betrieb, Unternehmen und Konzern keine Voraussetzung für eine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG. Denn eine solche Beschränkung sei auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG kein Wesensmerkmal einer Sozialeinrichtung im Sinne des BetrVG. Es enthalte die Vorschrift nämlich keine Legaldefinition einer Sozialeinrichtung sondern regele lediglich den sachlichen Geltungsbereich der Mitbestimmung durch den Betriebsrat.
f)
Die „greifbare Nähe“ des beklagten Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit „zu dem (früheren) Arbeitsverhältnis“ resultiere daraus, dass das Vertragsverhältnis, aus dem der Kläger seine geltend gemachten Ansprüche herleite, sein Entstehen dem (früheren) Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Bank verdanke. Denn es habe die Versicherung zugunsten des Klägers nur deshalb mit dem Beklagten abgeschlossen werden können, weil der Kläger Arbeitnehmer der Bank gewesen sei.
g)
Auch sei - laut KG Berlin - insoweit zu berücksichtigen, dass der Beklagte anders als in dem der Entscheidung des BAG vom 05.12.2013 zugrunde liegenden Fall gerade keine Einrichtung sei, welche einer unbeschränkten Anzahl unterschiedlicher Arbeitnehmer offen stehe. Vielmehr beruhe die Mitgliedschaft bei dem Beklagten auf der Zugehörigkeit zu einer ganz bestimmten Branche, so dass der Mitgliederkreis klar umgrenzt sei.
h)
Darüber hinaus könnten die jeweiligen Parteien des Arbeitsverhältnisses in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Beklagten sowohl über dessen Mitgliederversammlung als Willensorgan als auch über den paritätisch besetzten Aufsichtsrat als Kontrollorgan aktiv auf nahezu sämtliche Belange des Beklagten Einfluss ausüben.
Zum Beschluss des OLG Karlsruhe vom 28.11.2018
a)
Auch das OLG Karlsruhe bejahte jüngst in seinem Beschluss vom 28.11.2018 ebenfalls die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG und schloss sich somit den Entscheidungen des KG Berlin vom 22.06.2001 und 26.06.2018 an.
b)
Maßgeblich für das Vorliegen einer „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ sei hier, dass der beklagte Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ausschließlich von den Arbeitgebern derselben Branche organisiert und finanziert werde. Unschädlich sei demnach, dass der Beklagte als Pensionskasse nicht lediglich für ein einzelnes Unternehmen oder für einen einzelnen Konzern zuständig sei. Die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG beinhalte keine Beschränkung des Begriffs „Sozialeinrichtung“ auf einen bestimmten Konzern. Aus der Formulierung in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG sei zu schließen, dass der Begriff „Sozialeinrichtung“ nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers gerade nicht auf ein Unternehmen oder auf einen Konzern beschränkt sei. Anderenfalls wäre nach Auffassung des OLG Karlsruhe die einschränkende Formulierung in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG („deren Wirkungsbereich (…) beschränkt ist“) für den speziellen Bereich der Mitbestimmung nicht erforderlich.
c)
Ferner unterscheide sich der Beklagte wesentlich von einem privaten Lebensversicherer, der Direktversicherungen für Arbeitgeber anbiete. So biete der Beklagte Versicherungsverträge ausschließlich für Angestellte seiner Mitgliedsunternehmen an. Ein weiterer Unterschied sei darin begründet, dass der Beklagte nicht als gewinnorientiertes Unternehmen geführt werden; es gebe keine Kapitaleigner, an die Gewinne abgeführt würden.
d)
Überdies stünden - so das OLG Karlsruhe - die geltend gemachten Ansprüche auch in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers. Die Beiträge des Arbeitgebers zur sozialen Absicherung des Klägers, welche an den Beklagten abgeführt würden, seien als Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers für die Dienste des Klägers anzusehen. Die arbeitsvertragliche Grundlage des Versicherungsverhältnisses rechtfertige die Zuordnung des Rechtsstreits zur Arbeits-gerichtsbarkeit.
e)
Schließlich vertritt das OLG Karlsruhe die Auffassung, die Zuordnung der Rechtsstreitigkeit zur Arbeitsgerichtsbarkeit würde den versicherten Kläger (Arbeitnehmer) im BU-Streit in verfahrensrechtlicher Hinsicht sogar privilegieren. Es bestünde für einen Arbeitnehmer in der ersten Instanz ein geringeres Prozesskostenrisiko. Zudem gebe es für den Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten kein Anwaltszwang.
Zum Beschluss des OLG Köln vom 30.10.2018
a)
Auch das OLG Köln sprach sich in seinem Beschluss vom 30.10.2018 gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG für die Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten aus. Beklagter war auch hier der BVV.
b)
Es handele sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, welche mit dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers im Sinne der Zuständigkeitsnorm des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehe.
aa)
Der wirtschaftliche Zusammenhang sei laut OLG Köln darin zu sehen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch aus der bei dem Beklagten bestehenden Versicherung entspringe und somit durch sein früheres Arbeitsverhältnis bedingt sei.
bb)
Ein unmittelbar wirtschaftlicher Zusammenhang ergebe sich aus dem Zweck des Beklagten, nämlich der Pensions- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten deutscher Banken.
cc)
Insbesondere lasse die Beendigung des Arbeitsverhältnisses den rechtlichen sowie unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang nicht entfallen.
4.
Daneben gibt es noch weitere (freilich allesamt landgerichtliche) Gegenstimmen, wie etwa das LG Berlin mit Beschluss vom 26.10.2015, das LG Hamburg mit Beschluss vom 10.05.2016, das LG Koblenz mit Beschluss vom 13.07.2017, das LG Freiburg mit Beschluss vom 12.07.2018 sowie das LG Aachen mit Beschluss vom 13.08.2018, welche solche versicherungsrechtlichen BU-Streitigkeiten grds. an die Arbeitsgerichte verwiesen wissen möchten.
Fazit
Die in der Rechtsprechung seit vielen Jahren heftig umstrittene Frage der Rechtswegzuständigkeit bei Forderung von Leistungen wegen behaupteter Berufsunfähigkeit gegenüber einem branchenspezifischen Versicherer, welcher der Pensions- und Hinterbliebenenversorgung von Arbeitnehmern dient, wurde nunmehr endlich erfreulicherweise einer höchstrichterlichen Klärung durch den BGH zugeführt.
Die in der Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.04.2019 angeführten Argumente sind aus Sicht der Verfasser vollumfänglich überzeugend und führen letztlich zum einzig „richtigen“ Ergebnis für solche BU-Streitigkeiten, nämlich zur Bestätigung der ausschließlichen Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG).
Es handelt sich bei dem beklagten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gerade nicht um eine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne der maßgeblichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG. Eine „greifbare Nähe“ des Beklagten „zum Arbeitsverhältnis“ des Klägers liegt schlichtweg nicht vor. Vielmehr sind derartige Versicherungsgesellschaften lediglich als übergreifende Kapitalsammelstelle zu verstehen, welche branchenbezogen tausende Arbeitnehmer und hunderte verschiedene Arbeitgeber als Mitglieder aufnimmt. Folglich kommen die Leistungen solcher Versicherer nicht allein den Arbeitnehmern eines Unternehmens oder Konzerns zugute, sondern eben einer branchenweit nahezu unüberschaubaren Vielzahl von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Von einer „greifbaren Nähe“ eines solchen firmenübergreifenden Konstrukts zum Arbeitsverhältnis der einzelnen Angestellten kann demnach wohl kaum die Rede sein. Es handelt sich damit auch beim BVV und bei solchen Pensionskassen letztlich um typische Versicherer i.S.d. VVG.
Der in den zwei Grundsatzentscheidungen des BGH vom 03.04.2019 und 16.04.2019 beklagte Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, welcher sich aus Beiträgen einer immensen Vielzahl auch konzernfremder Mitgliedsunternehmen und ihrer Angestellten speist, ist keine von der früheren Arbeitgeberin des Klägers oder von mit ihr im Konzernverbund stehenden Unternehmen zum Zwecke der Altersversorgung abgesonderte Vermögensmasse. Mithin finanziert sich der BVV auch aus den Zahlungen vieler weiterer Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, die in keiner „besonderen Nähe“ zur früheren Arbeitgeberin des Klägers stehen, sondern allenfalls in einem historisch begründeten Zusammenhang mit der sozialen Sicherung der Arbeitnehmer „deutscher Banken“. Der BVV steht damit - anders als eine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG - außerhalb der besonderen „greifbaren“ Beziehung zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen, wenn auch das Versicherungsvertragsverhältnis sein Entstehen - rein tatsächlich - einem Arbeitsverhältnis verdankt.
Auch ist hervorzuheben, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG sicherlich nicht die Intension hatte, eine komplexe versicherungsrechtliche Streitigkeit aus dem Recht der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (und den speziellen Besonderheiten des VVG) der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zuzuschreiben.
Anders als die (zivilgerichtlichen) Gegenstimmen meinen, fallen auch Rentenansprüche gegen einen „Direktversicherer“ nicht unter § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG. Vielmehr sind von dieser Zuständigkeitsvorschrift sämtliche Streitigkeiten mit Versicherungsgesellschaften ausgeschlossen, auch wenn der Versicherungsvertrag vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossen worden ist. Dies folgt auch aus den Gesetzesmaterialien zur inhaltgleichen, aber redaktionell überarbeiteten, Vorgängerregelung. Denn dort heißt es:
„(…) Soweit der Arbeitgeber Versicherungsverträge zugunsten von Arbeitnehmern abgeschlossen hat, bleiben die Rechtsstreitigkeiten gegen die Versicherungs-gesellschaften den ordentlichen Gerichten vorbehalten. (…)“
Gemeint sind hiernach alle Versicherungsverträge und gerade nicht ausschließlich Direktversicherungen.
Abschließend sei angemerkt, dass seit dem 01.01.2018 gem. § 72a S. 1 Nr. 4 GVG bei den Landgerichten die Bildung von Spezialkammern für Streitigkeiten aus Versicherungsvertrags-verhältnissen gesetzlich vorgeschrieben ist.
Seltsam mutet es daher an, wenn ein „waschechter“ versicherungsrechtlicher BU-Streit (zur rechtlich meist komplexen Anwendung der §§ 172ff. VVG samt der Spezialregelungen der Berufsunfähigkeits-Bedingungen) plötzlich nun vom Arbeitsgericht entscheiden werden soll.
Der Versicherungsnehmer und Kläger ist hier zu Recht mehr als verwundert, wenn der versicherungsrechtlich tätige Landrichter seinen Versicherungsrechtsfall an einen im Arbeitsrecht tätigen Arbeitsrichter verweist, und der klägerische Rechtsanwalt wird sich dann fragen, wie er dieses „Prozessrecht“ seinem Mandanten näher bringen soll, denn „Sinn“ macht eine solche Zuständigkeitsverschiebung für den Mandanten freilich nicht.
Die Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.04.2019 ist daher zu begrüßen. Insoweit dürfte künftig von einer einheitlichen Rechtsprechung auszugehen sein, so dass solche BU-Streitigkeiten wieder dort zu führen sind, „wo diese typischerweise hingehören“, nämlich vor die Spezialkammern für Versicherungssachen der Landgerichte.
Der Autor Michael Graf ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Medizinrecht, die Autorin ist Patientenanwältin im Versicherungsrecht und Medizinrecht, beide sind im Medizin/Versicherungsrecht tätig bei den Michael Graf Patientenanwälten in Freiburg i. Br.
Belege:
1 BGH, Beschluss v. 03.04.2018, Az. IV ZB 17/18 - VersR 2019, 633 ff.
2 BGH, Beschluss v. 16.04.2019, Az. IV ZB 32/18 - juris.
3 Gem. § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist der auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
4 BGH, Beschluss v. 03.04.2018, Az. IV ZB 17/18 - VersR 2019, 633 ff.
5 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG: „Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.“
6 vgl. KG Berlin, Beschluss v. 22.06.2001, Az. 6 W 127/01 - juris; LG Berlin, Beschluss v. 26.10.2015, Az. 7 O 243/15 (nicht veröffentlicht); LG Hamburg, Beschluss v. 10.05.2016, Az. 314 O 49/16 (nicht veröffentlicht); LG Koblenz, Beschluss v. 13.07.2017, Az. 16 O 129/17 (nicht veröffentlicht); KG Berlin, Beschluss v. 26.06.2018, Az. 6 W 36/18 - juris; LG Freiburg, Beschluss v. 12.07.2018, Az. 14 O 97/18 (nicht veröffentlicht); LG Aachen, Beschluss v. 13.08.2018, Az. 9 O 215/18 (nicht veröffentlicht); OLG Köln, Beschluss v. 30.10.2018, Az. 20 W 17/18 (nicht veröffentlicht); OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.11.2018, Az. 9 W 26/18 - juris.
7 vgl. Hessisches LAG, Beschluss v. 30.08.2005, Az. 2 Ta 332/05 - juris; BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris; LAG Hamburg, Beschluss v. 18.01.2016, Az. 4 Ta 12/15 - juris; ArbG Berlin, Beschluss v. 19.02.2016, Az. 28 Ca 17368/15 (nicht veröffentlicht); LG Berlin, Beschluss v. 23.04.2018, Az. 24 O 545/17 (nicht veröffentlicht); LG Berlin, Urteil v. 13.08.2018, Az. 7 O 191/16 (nicht veröffentlicht).
8 KG Berlin, Beschluss v. 26.06.2018, Az. 6 W 36/18 - juris.
9 OLG Köln, Beschluss v. 30.10.2018, Az. 20 W 17/18 (nicht veröffentlicht).
10 OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.11.2018, Az. 9 W 26/18 - juris.
11 BGH, Beschluss v. 03.04.2018, Az. IV ZB 17/18 - VersR 2019, 633 ff., openJur 2019, 26768.
12 Aus den Jahresberichten 2017 des BVV ergibt sich, dass der BVV rund 770 Mitgliedsunternehmen und mehr als 350.000 Versicherte privat versichert. Zum Dezember 2017 waren 767 Unternehmen Vollmitglied des BVV. Die Beitragseinnahmen stiegen auf 696,4 Mio. Euro. Die laufenden Erträge stiegen im Berichtsjahr auf 1.142,1 Mio. Euro. Die gesamten Versicherungsleistungen liegen bei 729,6 Mio. Euro (vgl. den Konzernbericht 2017 des BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G., Berlin und die Jahresberichte 2017 des BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G., des Berlin BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V., und des Berlin BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG, Berlin)
13 LG Berlin, Beschluss v. 23.04.2018, Az. 24 O 545/17 (nicht veröffentlicht).
14 Kammergericht Berlin, Beschluss v. 26.06.2018, Az. 6 W 36/18 - juris.
15 BGH, Beschluss v. 03.04.2018, Az. IV ZB 17/18 - VersR 2019, 633 ff., openJur 2019, 26768.
16 BGH, Beschluss v. 16.04.2019, Az. IV ZB 32/18 - juris
17 LG Freiburg, Beschluss v. 12.07.2018, Az. 14 O 97/18 (nicht veröffentlicht).
18 OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.11.2018, Az. 9 W 26/18 - juris.
19 BGH, Beschluss v. 03.04.2018, Az. IV ZB 17/18 - VersR 2019, 633 ff., openJur 2019, 26768.
20 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
21 Hessisches LAG, Beschluss v. 30.08.2005, Az. 2 Ta 332/05 - juris.
22 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
23 Die dortige Beklagte war 1898 als „Pensionskasse der Beamten der Neuwieder Raiffeisenschen Organisation ländlicher Genossenschaften für Deutschland“ gegründet worden. Sie gehört als Unternehmen der R+V der genossenschaftlichen Finanzgruppe an, zu der auch die Arbeitgeberin des Klägers gehört, und ist deren ältestes Personenversicherungsunternehmen.
24 LAG Hamburg, Beschluss v. 18.01.2016, Az. 4 Ta 12/15 - juris.
25 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
26 ArbG Berlin, Beschluss v. 19.02.2016, Az. 28 Ca 17368/15 (nicht veröffentlicht).
27 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
28 BAG, Beschluss v. 11.11.1986, Az. 3 AZR 194/85 - juris.
29 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
30 LG Berlin, Beschluss v. 23.04.2018, Az. 24 O 545/17 (nicht veröffentlicht).
31 LG Berlin, Urteil v. 13.08.2018, Az. 7 O 191/16 (nicht veröffentlicht).
32 KG Berlin, Beschluss v. 26.06.2018, Az. 6 W 36/18 - juris.
33 KG Berlin, Beschluss v. 22.06.2001, Az. 6 W 127/01 - juris.
34 BAG, Beschluss v. 05.12.2013, Az. 10 AZB 25/13 - juris.
35 OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.11.2018, Az. 9 W 26/18 - juris.
36 KG Berlin, Beschluss v. 22.06.2001, Az. 6 W 127/01 - juris.
37 KG Berlin, Beschluss v. 26.06.2018, Az. 6 W 36/18 - juris
38 OLG Köln, Beschluss v. 30.10.2018, Az. 20 W 17/18 (nicht veröffentlicht).
39 LG Berlin, Beschluss v. 26.10.2015, Az. 7 O 243/15 (nicht veröffentlicht).
40 LG Hamburg, Beschluss v. 10.05.2016, Az. 314 O 49/16 (nicht veröffentlicht).
41 LG Koblenz, Beschluss v. 13.07.2017, Az. 16 O 129/17 (nicht veröffentlicht).
42 LG Freiburg, Beschluss v. 12.07.2018, Az. 14 O 97/18 (nicht veröffentlicht).
43 LG Aachen, Beschluss v. 13.08.2018, Az. 9 O 215/18 (nicht veröffentlicht).
44 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) ArbGG: „Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.“
45 vgl. BGBl. 1953 I, S. 1267 f.; BGBl 1979 I, S. 545 f.; BT-Drucks. 8/1567, S. 26.
46 BT-Drucks. 01/3516, S. 25.
47 abschließender Hinweis: Allein aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text stets die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter (m/w/d).