Einleitung
Einleitend sind die Hintergründe für die neuen gesetzlichen Regelungen zu erwähnen. Der Gesetzgeber hielt es zum Schutz der Versicherungsnehmer für erforderlich, einen Verstoß des Vermittlers gegen seine Mitteilungs- und Beratungspflichten zu sanktionieren. In § 63 VVG (die im folgenden genannten Vorschriften sind immer die des VVG) wird daher eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers normiert. Der Vermittler muss seinem Kunden, dem Versicherungsnehmer, den gesamten Schaden ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass der Vermittler seine Pflichten aus § 60 oder § 61 verletzt. Diesen Sinn und Zweck sollte der den Versicherungsnehmer beratende Rechtsanwalt beachten.
Begriff des Vermittlers
Das neue Gesetz spricht einleitend vom "Versicherungsvermittler". Zum Schadensersatz verpflichtet ist nach § 63 „der sog. Versicherungsvermittler“. Für § 63 gilt der enge Vermittlerbegriff des § 59. Erfasst sind also Makler und Vertreter (= Agenten). Angestellte eines Versicherers fallen dagegen nicht unter § 63.
Pflichtverletzung
Unterläuft dem Versicherungsvermittler ein Fehler bei der Beratung, so muss er haften. Der zum Ersatz verpflichtende Umstand ist „die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61“. Voraussetzung ist also die Nicht- oder Schlechterfüllung von den bestehenden Mitteilungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit dem geplanten Abschluss eines Versicherungsvertrages. Der den Versicherungsnehmer beratende Rechtsanwalt sollte hier beachten: In erster Linie meint das Gesetz hier die Makler, die sich entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 keinen ausreichenden Marktüberblick verschafft haben und deswegen ein für den Versicherungsnehmer sehr ungünstiges Versicherungsprodukt empfohlen haben. Aber auch eine entgegen § 60 Abs. 2 unrichtige Mitteilung von Mehrfachvertretern über die berücksichtigten Versicherer kann hier zum Schadensersatz verpflichten. Entsprechendes gilt für die unzureichende Ermittlung der Bedürfnisse des Versicherungsnehmers, die unzutreffende und fehlerhafte Beratung oder die unrichtige Dokumentation entgegen den Frage-, Beratungs- und Dokumentationspflichten von Vertretern und Maklern aus § 61 Abs. 1.
Verschulden
Ein der den Versicherungsnehmer beratende Rechtsanwalt muss wissen, dass der Vermittler nur bei Verschulden haftet. Die Schadensersatzpflicht des Vermittlers tritt nach § 63 Satz 2 nicht ein, „wenn der Versicherungsvermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat“. Der Anspruch des Versicherungsnehmers setzt folglich voraus, dass der Vermittler entweder vorsätzlich oder fahrlässig gem. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB gehandelt hat. Satz 2 ist also § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nachempfunden. Hiernach gilt, dass eine Vermutung für das Verschulden spricht und sich der Vermittler exkulpieren muss. Das Verschulden wird also widerleglich vermutet.
Mitverschulden des Versicherungsnehmers
Der den Versicherungsnehmer beratende Rechtsanwalt muss darauf achten, dass seinem Mandant der Vorwurf des Mitverschuldens nicht gemacht werden kann. Für ein gem. § 254 BGB anspruchsminderndes Mitverschulden des Versicherungsnehmers ist grds. der ersatzpflichtige Vermittler darlegungs- und beweisbelastet. Grundsätzlich wird ein solches Mitverschulden aber zu verneinen sein. Der beratungspflichtige Vermittler kann dem Versicherungsnehmer hier nicht entgegenhalten, er habe seinen Angaben nicht vertrauen dürfen und sei daher mitverantwortlich. Der Mitverschuldenseinwand kommt daher nur in seltenen Ausnahmefällen und unter besonderen Umständen in Betracht. Ein Mitverschulden trifft etwa den Versicherungsnehmer, der die vom Vermittler für die Beratung benötigten und erbetenen Unterlagen nicht (rechtzeitig) herausgibt.
Schaden
Der Vermittler muss seinem Kunden den kompletten entstandenen Schaden ersetzen. Die Pflichtverletzung des Vermittlers muss also zu einem echten Vermögensschaden des Versicherungsnehmers geführt haben. Ein den Versicherungsnehmer beratende Rechtsanwalt muss hier die Vermögenslage genau prüfen.
Causa
Der Vermögensschaden muss „durch“ die Pflichtverletzung des Vermittlers entstanden sein. Nötig ist also eine Ursächlichkeit bzw. Kausalität zwischen der Verletzung der Pflicht und dem Eintritt des Schadens.